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Gedichte über Arbeit und Beruf - Seite 139


Der heutige Pontius Pilatus

Angetan mit einem blutrot gefütterten weißen Umhang, mit schlurfendem Kavalleristengang erschien eines frühen Morgens, am Vierzehnten des Frühlingsmonats Nissan, im überdachten Säulengang zwischen den beiden Flügeln des Palastes Herodes' des Großen der Prokurator von Judäa, Pontius Pilatus.
Bulgakow Michail: Der Meister und Margarita. Roman. [übersetzt von Thomas Reschke], S. 24, München 1994
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Der heutige Pontius Pilatus
Wäre heute bestimmt
mit einem Brabus fahren
und würde bestimmt keine „Sowjetskoje Schampanskoje“ trinken
eher „Kristall“ oder „Ruinart“
etwas besserer Art
Er hätte keine Hemikranie
Er würde eher eine Lasagne essen
Und sich auf die Couch setzen
Er hätte eine Allergie
gegen Pol(l)en
oder gegen heutige Gesellschaftsrollen?

Der heutige Pontius Pilatus
Hätte ein Gaststatus im heutigen Belarus
Er würde Kartoffeln essen
Und auch dort auf die Couch setzen
Dazu tränke er gerne
Ein Glas Vodka
Als Dessert würde er
Bestimmt Pannacotta essen
Mit noch ein Glas Vodka

Wenn er das alles fressen würde
Führe er ein paar Stunden mit dem Bus
An die weißrussisch-polnische Grenze
Wo er sehen könnte
Wie heute macht man Krieg
Mit einem Pyrrhussieg

***
An einem schönen Tage
An dem Bahnhof „Serp i Molot“
Stieg ein russischer Soldat
Er sieht wie ein Idiot
Oder ein Pfadfinder
(weiß ich nicht, bin kein Kenner)
Und fragte nach,
wie er nach Warschauer Straße fahren soll
Der ist ein Volltrottel
Weil er dachte,
dass diese Straße
sich in Polen befindet
(und er bestimmt immer noch so findet)

Er kauft ein Ticket für Berlin-Moskau-Express
Er hat dabei keinen Stress
Er wusste doch, wo sich Warschau befindet
Und immer noch denkt,
dass sie in Russland ist
Der dumme Kommunist

Nach ein paar Stunden stieg er munter auf
Er schaut jedoch herunter
Und sieht, dass Pontius Pilatus
Mit seinem Banga Hund
Und mit dem Christus Imperator
Reparieren einen Transformator
Er ist kein Volltrottel
Sie steigen in ein Hotel ein
Der Soldat versucht ein Fotoapparat
Zu finden
Um alles zu dokumentieren
Jedoch kann er ihn nicht finden
Er muss diesen verlieren
Als er mit noch einem Idioten
Einige Banknoten verfälschten

Er hat nur ein Blatt Papier gefunden
Und bittet die beiden Figuren
Um leserliche Unterschriften
Sie haben das gemacht
Und er hat parat
Einen Beweis, dass er nicht dumm ist
Aber
Ob jemand daran glauben wird
Das wäre bestimmt einen Nummer-Eins-Hit

***
Er muss heute nur eine Sache erledigen
Und nämlich – viele Papiere
Weil er als Immigrant sich um ein Visum bewirbt
Aber die dortige Bürokratie
Dauert so lange
Dass er nicht länger warten konnte
Und einfach ging illegal
Unter dem Pseudonym
Ahmed Abdel-Karim
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Anmerkungen:
„Sowjetskoje Schampanskoje“, „Ruinart“ - Alkoholnamen
... hier klicken um den ganzen Text anzuzeigen


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Heilung eines Gelähmten

Heilung eines Gelähmten
Motto:
„Damit ihr aber wisst, dass der Sohn des Menschen Vollmacht hat, auf der Erde Sünden zu vergeben... Dann sagte er zu dem Gelähmten: Steh auf, nimm dein Bett auf, und geh in dein Haus! Und er stand auf und ging in sein Haus“
(Mt 9,6, EB (Ebersdorfer Bibel))

WB, AC und AY
Widme ich dieses Gedicht

Ich habe einen langen Weg gemacht
Ich traf viele wichtige Entscheidungen
Die zum Glück nicht mit Kriegsentschädigungen verbunden sind

Ich heile mich selbst
(oder versuche)
durch meine Poesie
Sie gibt mir Energie
Wie meine Walküre
Oder die Lektüre
„Der Meister und Margarita“

Ich würde gerne Margarita trinken
Mit einem Stück solch einer Pizza
Ich hasse aber Pita
Ich habe keine Arbeit
Arbeit macht frei!
(nicht immer)

(Ich bin im Zimmer)
Ich fühle jedoch Beileid von einer Frau
Sie macht nicht „Wau Wau!“
Sie ist meine stärkste Kommilitonin
Sie kann sogar bei Wohnungsbau
arbeiten
sie kann wie ihre Patronin
jedem Sieg bringen
Sie kann an jeder Tür klingeln
Sie ist kein Vlad der Pfähler
Sie ist wie Kolchosbäuerin
eine echte Kämpferin

Ich habe einmal in Kornik
Sich mit einer Frau getroffen
Sie sagt immer so,
als wäre sie besoffen
Ich freue mich, dass ich nicht mehr
mit ihr sprechen müsse
Wenn ich sprechen würde
dann wäre ich nach einer Stunde
tot

Ich habe eine Kolchosbäuerin
die in einem kolchos-ähnlichen Unternehmen arbeitet
Es heißt „Żabka” („Fröschlein”)
Ich würde gerne mit ihr
Ein Glas Glühwein
Trinken
Aber ich darf nicht

Ich führe einen langen Kampf
(jedoch hasse ich „Mein Kampf“)
Ich pfeif’ auf niemanden
Das ist nicht so gut
Ich setze eher ein Hut
Auf

Ich würde gerne dazu ein Spazierstock kaufen
Am besten Volands Spazierstock
Das wär’ ein echter Hammer
Solch‘ ein „Stock“ zu haben
Ich kaufe einen Gehstock
Ich wohne im dritten Stock
Hier gibt es aber kein Aufzug
Ja, das war für mich auch Schock

Ich fahre gerne mit einem Zug
(aber nicht mit IC-Zug)
der hat immer Verspätung
sondern mit Berlin-Moskau-Express
auf einen „Außerordenlichen Russischen Volkskongress”
Wenn ich nur das Wort „Achtung!“ höre
Bin ich sehr nervös

Das ist in Polen nicht grandios
Hier lebt viele Idioten,
die immer „Pollen” sagen
Das nervt mich sehr!

Ich will nichts mehr
Nur ein ruhiges Leben führen
Mit meiner Kolchosbäuerin
Vielleicht in Braunau am Inn

Anmerkungen:
Kornik (eigentlich Kórnik) - Ortschaft in Polen, ca. 20 km von Poznań (Posen) entfernt
Braunau am Inn - Adolf Hitlers Geburtsort
Stock - hier eine Art Vodka
Vlad der Pfähler (1431 - 1476) - Woiwode des Fürstentums Walachei
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