Gedichte über Alltägliches (Seite 707)

Lebensgrund

Auf einem tiefen Grund
bau ich mein Lebenshaus
denn einmal ist es aus.

Der seidne Faden reißt
hör ich die Stimmen sagen
und einmal werden Fragen - über Fragen
die Unzähligseelen fragen
was war dein Leben denn.

War es Geschwätz von jenem
oder Geschwätz von diesem
oder ein Haus auf tiefem Grund.

Ich weine meine Seele wund
wenn ich sie hör - die Stimmen
die hohlen Nichtssagstimmen
die unsre Welt umziehn.

Frau Schneider hat nen neuen Mantel
und jener überfährt – wie unverschämt
die Rotlichtampel.

Die einen machen Krieg
die andren feiern Sieg
nur über was stell ich die Frage
und wie ein Schaum ist es vergangen
das kostbar Kostbarleben
eben weil
wir so banal
dies Kostbarleben leben.
Linda Li 8. Juni 2015

Im Morgengrauen

Zum ersten Mal im Leben
hab ich die Vöglein in der Morgenfrüh
anders zwitschern hören.
Es war der Liebesodem ihrer Seelen
ein Herzensdank dem Schöpfergott
ein volles „Ja“ zum neuen Morgen.
Nicht so wie wir
die schon im Traum
für morgen sorgen
und schwer nur unsre Glieder heben
weil wir die Last von Gestern und von Morgen
schon auf die Schultern laden
und ganz vergessen
daß wir doch heute haben.

Linda Li 21. April 2015

Lebenstrieb

In scheinbar dürrem Gehölz
wartet schon ungeduldig
-das Leben-
und wir stehen staunend daneben
und behaupten
es hat noch nie einen Gott gegeben
und wird auch nie einen geben.
Was ist da mit unsren Sinnen geschehn
warum sind sie gestorben
wir haben doch Augen und Ohren
und tausende Sinne
um den Wind zu erfühlen
unsre Haut im Wasser zu kühlen
Blüten zu betasten
in Träumen zu rasten
den Flugwolken nachzuschaun
und der großen Liebe zu vertraun.
Jedes Bild bedarf eines Malers
jedes Gefäß aus Ton - seines Töpfers
nur wir - ja - wir
verleugnen den Schöpfer.
Denn die Motoren - in unsren Ohren
die großen und kleinen - verneinen
und machen uns taub und blind
so gehen wir durch's Leben
und verstehen nicht mehr
warum wir sind.

Linda Li 21. April 2015

Pimpelliese

Ich bin eine Pimpelliese
und liege auf ner Blumenwiese
denke dies
und denke das
und dann sag ich mir
ach was - ach was
was soll die ganze Sorgerei
lieber es ich doch ein Osterei
geschmückt
mit vielen Farben
sie heilen meine Narben
die Narben ja - wovon
das frage ich mich oft
vielleicht - weil ich nicht lieben kann
so ganz - ganz ohne fragen
doch ich habe einen großen Chef
der ist der Meister in der Sache
und ihn - ihn will ich fragen.

Linda Li 8. April 2015

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