unversehens

Ein Gedicht von Marie Mehrfeld
unversehens fällt Traurigkeit
wie ein Schatten über mich her
ein ausgehungerter Wolf mit
müden Augen auf der Suche

nach der Beute zur Nachtzeit,
will mich nicht reißen lassen
der Tag, wenn er so dunkel ist,
verzehrt sich selbst zu hastig,

schottet sich ab, das Fühlen in
Watte verpackt, ohne Gesang,
und meine Toten, sie sprechen
zu mir mit drohenden Blicken

in verschlüsselter Sprache,
du musst, sollst, darfst nicht,
hast zu vergeblich geliebt,
meine zehn Zehen grabe ich

tief in die geschundene Erde
und wärme sie, die Wurzeln,
die mich halten seit langer
Zeit, und ich bedanke mich

verbeugend vor euch dafür,
ihr Füße habt mich getragen
durch jubelnde Höhen und
durch die Hölle, dann blinkt

im Nachbarhaus ein Licht, und
als ich in den Himmel schaue,
fliegt die Schar wilder Krähen
mir krächzend über den Kopf


M.M.

Informationen zum Gedicht: unversehens

76 mal gelesen
(Es hat bisher keiner das Gedicht bewertet)
1
28.06.2021
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Marie Mehrfeld) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
Anzeige