Und den Wind bitten ...
Ein Gedicht von
Annelie Kelch
Ein wenig Regen einfangen
bevor er auf die Erde fällt
und auch mal einen Liter „Volvic“
kaufen für die Dritte Welt
(= 10 l sauberes Wasser in Afrika)
Nachlässig alle Felder stoppeln
bevor die schwarzen Vögel kommen
den Wind bitten, sich zurückzunehmen
und die letzte Glut der Sonne schlürfen
sein Gesicht betrachten zu dürfen, bevor es altert
und scharfe Falten es traurig meißeln
den Wind bitten, sich zurückzunehmen
die alten Nebelkleider für die Seelen herrichten
und den Wind bitten, sich zurückzunehmen
den Gaumen vom Pfirsichgeschmack entwöhnen
sich frei fühlen im Netz der Gedanken
und den Wind bitten, sich zurückzunehmen
Alle Bücher abstauben, bevor es weihnachtet,
neue Adventsgeschichten schreiben
und sich fragen: Wie lange noch …?
Wie lange noch wird es lebhaft sein
in den Straßen der Stadt?
Ja, lebhaft ist es dort noch immer,
obgleich die meisten Menschen stumm
aneinander vorübergehen und den Wind
bitten, sich zurückzunehmen.
Ich weiß ganz genau, was der Herrgott
mir schuldet. Es ist nicht der Zauber,
der vom Sommer blieb; es ist ein Herbst,
darin ich glücklich bin.
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