Totensonntag

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Unsere Zwillinge fragten beim Brötchen ritzen,
warum wir einen Totensonntag besitzen.
Wir würden sowieso auf den Friedhof gehen
und dort stets nach dem Rechten sehen.
Ich hatte gleich keine passende Antwort parat,
aber wir fuhren sowieso in unsere Heimatstadt.

Dort suchten wir den großen Friedhof auf,
wo geendet einst der Vorfahren Lebenslauf.
Ich unterdrückte ein leises unpassendes Fluchen,
denn wir mussten die Grabstelle erst suchen.
Anschließend wir auch den Platz betraten,
der gewidmet den unbekannten Soldaten.

Jenen, die verbrannt, erschossen, zerfetzt
oder manche nur stückchenweise beigesetzt.
Vielleicht Soldaten einer fremden Nation,
die die Heimat sonst längst vergessen schon.
In einer Ecke von Spielzeug umgeben,
Gräber der Kinder mit sehr kurzem Leben.

Und in der anderen Ecke, nicht mehr versteckt,
haben wir die Steine der Sternenkinder entdeckt.
Jener Kinder, die gewollt doch ungeboren,
den Kampf um das tägliche Leben verloren.
Und an jedem dieser blumenreichen Orte
gab es zu vielen Fragen auch viele Worte.

Wir lasen unterwegs auch bekannte Namen
von Herren, Beamten, Fräuleins und Damen.
Zu Hause im Lexikon unter 1816 stand,
dass Friedrich Wilhelm III. diesen Tag erfand.
Denn selbst der Mörder, der Feind ist es wert,
dass man sein Leben im Tode ehrt.

24.11.2013 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Totensonntag

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24.11.2013
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