Testamentseröffnung

Ein Gedicht von Horst Reiner Menzel
Onkel Otto ist gestorben,
alle machen sich nun Sorgen,
ob der gute alte Mann,
ihnen was vererben kann.

Der Notar hat sie geladen,
und nun will er ihnen sagen,
was der Onkel hinterlassen wollte,
bevor er sich von dannen trollte.

Es versammeln sich die Lieben,
hoffen doch etwas zu kriegen,
alle sind sehr angespannt,
Nerven liegen völlig blank.

Jeder sieht mal in die Runde,
sie erwarten gute Kunde,
schau sind die uns auch bekannt,
vielleicht sind sie mit uns verwandt?

Ja, natürlich, es ist nicht zu fassen,
können die's den niemals lassen,
die haben sich doch gekümmert nie,
immer rumgestänkert, haben sie.

Schau mal da die Tante Grete,
diese dicke, fette, alte Kröte,
warum soll die auch was erben,
muss ja sowieso bald sterben.

Da, der Sohnemann der Stenz,
machte sich ein‘ schönen Lenz,
hat sein Leben nur vertan,
schaut nun was er Erben kann.

Doch nun wollen wir mal sehen,
wem er nun wollt‘ etwas geben,
hoffentlich hat er‘s gut gemacht,
vor allem auch an uns gedacht?
Wenn wir uns nicht sehr beeilen,
gehen wir leer aus, beim Verteilen,
wollt‘ er jedem was vererben,
bleiben uns zuletzt nur Scherben.

Herr und Meister Donnerwetter,
jetzt kommt auch noch sein Vetter,
wenn das Schleichen weitergeht,
haben wir ihn umsonst gepflegt.

Aber jetzt geht’s los, pass doch mal auf,
war er am Ende doch gut drauf?
Nein - er hat, den Krempel über Nacht,
unsrer heiligen Kirch‘ vermacht.

Die da nach dem Mammon strebten,
nun am Ende leer ausgehen,
drohen nun mit Gerichtsbarkeit,
und schon geht er los, der Streit.

Der Notar kommt nun zu Ende,
Ringt verzweifelt seine Hände,
wollt‘ seinen Wunsch nicht akzeptieren,
werdet Euch nur schwer blamieren.

Rei©Men

Informationen zum Gedicht: Testamentseröffnung

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20.01.2015
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Horst Reiner Menzel) für private und kommerzielle Zwecke frei verwendet werden.
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