Talfahrt

Ein Gedicht von Lars Abel
Die Lüfte mich am Zipfel packen,
sie trotzen meinem Abschiedsdrang,
und selbst die müden Knochen knacken,
als wehrten sie dem Abwärtsgang

Mein Leben lang trieb ich die Ziegen
hinauf, auf hohes Weideland,
es mag am Ruf der Ahnen liegen,
dass stets ich in die Stiefel fand

Ach, wären da nicht siebzig Lenze,
das Bangen meiner Kinderschar,
die Bitte: Hüte lieber Gänse,
für wahr, ich suchte die Gefahr

So lebe wohl, du lieblich kühle Brise,
in deren Hauch der Adler sich verliert,
ein letztes Mal die Aussicht ich genieße,
den Augenschmaus, den dieses Bild serviert

Nie wieder soll ich schwelgen dürfen,
im Anblick dieser wilden Wucht,
nie wieder sollen Blicke schlürfen,
vom Teller dieser Friedensbucht

Die Talfahrt wird zur steilen Klippe,
der Abschiedsdrang zum Abstiegszwang,
einmal schnipp, Entscheidung kippe,
berste an des Berges Hang

(C) Lars Abel

Informationen zum Gedicht: Talfahrt

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31.05.2016
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