Sein größter Wunsch (Sohn eines Multis, 6 J. jung)

Ein Gedicht von Horst Rehmann
Liebe Mutti,
ich hab an dich mal ein paar Fragen:
Warum sind wir so furchtbar, furchtbar reich,
warum werd ich gefahren mit dem Wagen,
warum bekomm ich Uhr und Anzug gleich ?

Liebe Mutti,
warum kenn ich fast jedes Land der Erde,
warum hab ich schon eine Dienerschaft,
warum besitz ich schon zehn Rassepferde,
warum wird so viel für mich angeschafft ?

Mein Sohn,
alles das tun wir, weil wir dich lieben,
wir wollen das du später glücklich bist,
die Menschheit ist heut so durchtrieben,
nimmt dein Hab und Gut mit jeder List.

Mein Sohn,
du bist noch klein und reichlich unerfahren,
jeden Wunsch lesen wir dir von den Augen,
zur Schule wirst du vom Chauffeur gefahren,
weil Leute auf der Strasse dich berauben.

Liebe Mutti,
das mag alles sein und ist auch recht und fein,
doch ich möcht einmal raus aus diesem Wahn,
möchte auch wie and´re Kinder fröhlich sein,
nur einmal, Mutti, möcht ich Trambahn fahr´n.

ich möchte schmutzig sein und Fußball spielen,
möcht mit dem Rad durch enge Gassen flitzen,
möchte toben auch auf Nachbars Dielen,
und später nicht wie ihr, im gold´nen Käfig sitzen.

Informationen zum Gedicht: Sein größter Wunsch (Sohn eines Multis, 6 J. jung)

3.054 mal gelesen
(5 Personen haben das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 1,9 von 5 Sternen)
-
06.04.2011
Das Gedicht darf weder kopiert noch veröffentlicht werden.
Anzeige