Im Ried

Ein Gedicht von Ralph Bruse
Dort, auf der Lichtung, halten wir -
den dunklen Walddom erst verlassen.
Kein Fragen: warum sind wir hier?,
wenn wir uns an die Hände fassen.

Das Heidemoor glüht in der Sonne.
Wir setzen uns und ruhen aus.
Mit Rascheln füllt sich alle Wonne
und weiter hinten knarrt ein Haus.

Es steht, wo sich kein Mensch hintraut,
inmitten moorrastigem Grunde.
Gab es hier jemals einen Laut?,
kommt es uns, wie aus einem Munde.

Niemand wohnt da - kehrt dort ein.
Das alte Haus wird auch bald sinken.
Nur Heide wird noch drüber sein
und Vögel, die vom Frühtau trinken.

Der Duft von Kraut und Beeren schwebt
durch jene helle Weite hin.
Hier, wo in Stille alles lebt,
da braucht es keinen lautren Sinn.

Am Haus ist plötzlich irgendwer...
Genauer können wir nicht sehen:
zu weit, zu scheu, zu fremd ist er.
Der Mann wird wieder gehen.

Das Haus wird ihm wohl nicht gehören.
Vielleicht ist´s nur ein Wanderer.
Er will uns - und wir ihn nicht stören.
Jeder für sich: ein anderer.

Spät am Abend kommt er wieder.
Er öffnet - und verschließt die Tür;
legt sich im Hause schlafend nieder
und bleibt zur Nacht alleine hier.

*

Als wir nach Tagen wiederkamen,
da fanden wir das Haus nicht mehr.
In Tiefe sanken Heim und Namen.
Nur fahler Dunst zog drüber her.


(c) Ralph Bruse

Informationen zum Gedicht: Im Ried

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21.11.2023
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