Ich – im Grab
Ein Gedicht von
Annelie Kelch
Ach, wenn ich dereinst im Grabe liege
und bei Tag und Nacht von dir nur träume,
wirst du vielleicht wütend auf mich sein,
weil ich dir so einfach weggestorben bin.
Ach, ich will ja gar nicht wissen,
was ich alles jetzt versäume,
nur den Duft der Rosen werde ich vermissen,
die im ersten Vierteljahr fast täglich
du aufs Grab gelegt hast, Tränen in den Augen.
Ach, ich will ja gar nicht wissen,
wer statt meiner dich nun hegt und pflegt.
Bin so müd und möchte endlich schlafen,
wähne dich, mein Lieb' in einem sichren Hafen.
Doch die Sehnsucht nach dir wallt
durch meine morschen Knochen,
ständig muss ich daran denken,
welche Damen dich fortan bekochen …
Bald schick ich dir eine kleine weiße Ratte,
die mich oft besucht und an mir nagt,
in den gut bestückten Vorratskeller.
Hier unten sind die Tage dunkel, liebes Lieb,
bei dir da oben ist 's gewiss viel heller.
Und manchmal regnet es wie wild,
dann darf ich sogar baden,
dann wogt das kühle Wasser
rund um meinen kahlen Totenschädel.
Ich bitte dich, besuch mich bald
an meinem Grab mit deinem neuen Mädel.
Und bring mir Rosen mit vom Blumenladen,
paar Schritte weiter, gleich neben dem Friedhofstor.
Vergiss zu Hause ruhig den schwarzen Trauerflor
und tu nicht so, als seist du schmerzbeladen.
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