Hurensohn

Ein Gedicht von Klaus Enser-Schlag
Ein alter Herr sprach mich mal an:
„Sie sind ein arisch blonder Mann
mit blauen Augen und recht groß.
Zu meiner Zeit gab es die Chance
mit diesem Ausseh’n was zu werden.
Der Führer war mein Gott auf Erden!“

Ich musste darauf herzlich lachen:
„Was reden Sie da bloß für Sachen!
Sie glauben also ich bin arisch?
Wie Sie das deuten, ist barbarisch!
Doch meine Mutter stammt aus Prag,
die gold’ne Stadt, die ich so mag.
Und meines Vaters „Rasse“ war
norditalienisch - wunderbar!

Mein bester Kumpel heißt Achmed
und seine Frau Marie-Claudette.
Ich habe großen Wissensdurst
und stehe auf Conchita Wurst!
Sie wissen ja – dies nennt man schwul,
Klein-Adolf fänd’s bestimmt nicht cool…“

In seinen Augen wuchs der Hass,
der Mann verstand – das war kein Spaß.
Er spuckte aus, ging schnell davon
und rief mir nach: „Du Hurensohn!“

Informationen zum Gedicht: Hurensohn

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06.04.2015
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