Fantasie

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
75 Kerzen habe ich erlebt,
beim Pusten freudig in der Luft geschwebt.
Dabei konnte ich es ruhig wagen,
nach meiner Geburt zu fragen.
Es gibt nur noch eine Tante,
bei der fast die 100. brannte.

Sie schenkte mir beim roten Wein
die ungefärbte Wahrheit ein.
Und das war wie Poesie
nur eine Frage der Fantasie.
Die Eltern waren lang ein Paar,
doch leider tiefster Weltkrieg war.

Im Kino sahen sie Theo Lingen,
eine Taxe durfte sie nach Hause bringen.
Es war spät, zum Schlafengehen Zeit,
nur der BH klemmte eine Kleinigkeit.
Vater, der schon ausgezogen,
hat Haken und Ösen gebogen.

Er nutzte seine männliche Fantasie
und zog Mutter nackt auf sein Knie.
Sie zählte gleich mit großer Lust
die vielen Haare auf seiner Brust.
Er wölbte seine großen Hände
und machte dem Schaukeln ein Ende.

Drauf strich sie voller Entzücken
die Hände über seinen Rücken,
umklammerte ihn ganz fest,
als wenn sie ihn nie wieder lässt.
Sie wünschte sich einen Knaben,
er wollte ein Mädchen haben.

Sie küssten sich sehr lang und nett,
dann trug er lachend sie ins Bett.
Und nach langen schlaflosen Stunden
haben sie mich in dem Bettzeug gefunden.
So erfuhr ich es als Kind,
weil Kinder auch neugierig sind.

Dabei hatte ich Glück, dass ich geboren,
andere hat der Esel um Galopp verloren.
Und dann gibt es auch noch, horch,
auf dem Dach den Klapperstorch.
Sowas schafft nur die Fantasie.
Will ein Mädchen auf mein Knie?

25.08.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Fantasie

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25.08.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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