Eine Frage der Perspektive

Ein Gedicht von Cornelius
Hier bin ich, doch es zieht mich fort
mit Macht an einen andern Ort.
Nicht, dass es "hier" mir ganz missfiel -
doch "dort" zu sein ist nun mein Ziel.

Kaum bin ich da, wird mir bewusst
zu meinem nicht geringen Frust:
Sollt' jemand jetzt "Wo bist du?" fragen,
müsst' wieder "Ich bin hier" ich sagen.

Wohin auch immer ich mich wende,
es nimmt doch stets dasselbe Ende:
An jedem noch so fernen Ort
bin ich nur "hier" und niemals "dort".

Sollt' ich am einen Ufer stehen,
so muss ich auf das andre sehen.
Hier hab ich meine eignen Hühner,
doch drüben ist das Gras viel grüner.

Es wandelt mich Verzweiflung an,
dass dies nie anders werden kann,
bis dann am Tag des Weltgerichts
mein Hier-Sein endigt sich im Nichts.

Wenn "Hier" und "Dort" erst sind verschwunden,
dann hab Erlösung ich gefunden.
Bis dahin kann nur in Gedanken
mal zwischen hier und dort ich schwanken.

Bevor ich jetzt noch ganz verzweifel',
fahr ich auf Urlaub in die Eifel.
Zurück zu Haus mein Nachbar fragt:
"Wie hat's dir dort denn zugesagt,

wo du am Wochenend gewohnt?"
Wie sehr mich dieses Wort belohnt:
Ich bin tatsächlich "dort" gewesen
und fühle mich schon fast genesen.

Nun geh ich in mein Haus hinein
und freu mich endlich, "hier" zu sein.

Informationen zum Gedicht: Eine Frage der Perspektive

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24.06.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Cornelius) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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