Der Genießer (eine Moritat)

Ein Gedicht von Marie Mehrfeld
Ein netter Mensch, noch gut erhalten, mit ein paar Schrunden, Flecken, Falten, auch wenn das Alter ihn schon beugt, so ist er doch sehr überzeugt, dass er ein Typ ist, ziemlich echt, er ist von männlichem Geschlecht, fläzt sich im Sessel, der ist rot, genießt mit Lust das Abendbrot,

Bistecca alla Florentina nach dem Rezept von seiner Nina, dann Nudeln mit Tomatensoße, Serviette knüllt sich auf der Hose, ein Gläschen Roten trinkt er froh, es ist sein Lieblingswein, Bordeaux, ja, und es bleibt nicht bei dem einen, man lebt nur einmal, sollt’ man meinen,

dann freut er auf den Nachtisch sich, denn der steht auch schon auf dem Tisch, ein köstliches Tiramisu, Espresso gibt es noch dazu, er reibt vergnügt sich seine Hände und wünscht, es nähme nie ein Ende, doch irgendwann, da ist er satt und fühlt sich nur noch müde, matt,

er spürt, er war von Gier besessen, hat wieder mal zu viel gefressen, entsetzt schaut er die Wampe an und jammert kläglich, Mann-o-Mann - mit seinem Frohsinn ist’s vorbei, er sehnt nur noch sein Bett herbei, muss reuevoll sich eingestehen, so kann es nicht mehr weiter gehen,

man übernimmt sich beim Genuss und hat am Ende nur Verdruss, er sagt sich selbst, lass Fasten walten und weiß genau, er kann’s nicht halten, er kennt sich schließlich lange doch, ist nicht umsonst ein Hobbykoch. Zum Schluss denkt er, ich bleib’ Genießer, qui mal y pense, der ist ein Spießer ...




©M.M.

Informationen zum Gedicht: Der Genießer (eine Moritat)

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20.09.2021
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Marie Mehrfeld) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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