Das Wiedersehen

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Ich hatte geschrieben,
ich käme mit dem Zug.
Sie stand auf dem Bahnsteig,
schon zeitig genug.

An des Zuges Verspätung
war ich doch nicht schuld.
Wer heut mit der Bahn fährt,
braucht sehr viel Geduld.

Zwei Polizisten, die behangen,
mit Funk und Pistolen,
wollten sicher Rangen
oder Kollegen abholen.

Sie stand an dem Gleis
und neben ihr ein Mann.
Weil ewig kein Zug kam,
er ein Gespräch begann.

Er sprach von seiner Liebe,
die einst im Urlaub fing an,
doch wegen der Entfernung
sich nur wenig entspann.

Heute wollten sie fortführen
der Dunkelheiten Spiel,
damit sich endlich rühren
die Liebe samt Gefühl.

Er hatte ihr vorsorglich gesandt,
Fahrgeld und Spesen für die Reise.
Sie hatte ihm doch genannt
für beides die hohen Preise.

Von Fern pfiff der Zug,
es ruckte die Bahnhofsuhr.
Gesprochen war nun genug,
fünf Minuten Verspätung nur.

Der Zug hielt an
die Türen gingen auf,
von weitem sah ich sie dann
und setzte an zum Lauf.

Wir küssten und herzten,
wir streichelten und drückten,
wir lachten und scherzten,
zu dem Gepäck uns bückten.

Der Zug fuhr langsam an,
strebte zum Bahnhof hinaus,
da stand noch ein Mann
ganz allein mit einem Strauß.

14.08.2018 © W.R.Guthmann

Informationen zum Gedicht: Das Wiedersehen

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14.08.2018
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Wolf-Rüdiger Guthmann) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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