Vorbild oder Ideal

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Ich habe einen Freund gefunden,
den hat das Leben arg geschunden.
Er ist so ein großer starker Mann,
den sehen Frauen gern von nahem an.
Und nähern sie sich mit femininem Mut
riechen sie, er duftet auch gut.

Doch schauen sie ihm ins Gesicht,
merken sie, er sieht sie nicht.
Legt er die dunkle Brille beiseite,
ergreifen viele Frauen das Weite.
Denn der stolze Nachbarsmann
schaut sie mit blinden Augen an.

Das Schicksal vererbte ihm als Kind
Gene, die nicht menschlich sind.
Seine Augen quollen manchmal über
und wurden so allmählich trüber.
Erst Recht in der Pubertät
kam jedes Mittelchen zu spät.

Die erste Zeit half eine Brille,
die Blindheit kam in aller Stille.
Regenbogenfarben ohne Schranken
sah er jetzt nur noch in Gedanken.
Das erste Mal ohne Bild erwacht,
hat ihn bald verrückt gemacht.

Doch leise hat er mir erzählt,
dass eine Frau ihn auserwählt.
Liebe ist so ein großes Ding,
symbolisiert als Schmetterling.
Da es ihr beider fester Wille,
heirateten sie in aller Stille.

Doch vor ihrer Hochzeitsnacht
hat sie sich in Form gebracht.
Völlig nackt von Kopf bis Huf,
so wie sie der Schöpfer schuf.
Eros brauchte nicht zu fasten,
er sollte sie gründlich betasten.

Gesunde Menschen können sehen,
mit wem sie auf die Reise gehen.
Er hat mir doch vorgeschwärmt,
wiewohl er sich dabei erwärmt.
Ich will niemand lüstern machen,
drum erspar ich euch die Sachen.

12.02.2019 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Vorbild oder Ideal

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14.02.2019
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