Eile mit Weile

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Als ich im Sommer Urlaub nahm,
ich erstmals in den Spreewald kam.
Viele Kähne fuhren vor,
ich dachte, alle seien mit Motor.
Und als ich rief: „Nen schnelleren Gang!“
hörte ich wie der Fährmann sang:
„Eile mit Weile guter Mann,
schau dir mal die Gegend an.
Die Landschaft ist so wunderschön,
da bleiben wir doch manchmal stehen.“

Beim Fußball kam es neulich vor,
Stürmer und Ball allein vor dem Tor.
Die Fans sahen schon ein volles Haus,
da flog der Ball zum Eck hinaus.
Der Fluch über das Spielfeld klang,
als der fremde Torwart sang:
„Eile mit Weile guter Mann,
schau dir mal die Gegend an.
Der Rasen ist so wunderschön,
da bleibt man gerne einmal steh’ n.“

Mein Juwelentunnelraub misslang,
sodass man in den Knast mich zwang.
Hier hab ich es noch Mal versucht
und grub nen Tunnel für die Flucht.
Doch vier Mündungen mich anvisierten,
mit Kreide an den Ausgang schmierten:
„Eile mit Weile guter Mann,
schau dir mal die Gegend an.
Das Gelände ist so wunderschön,
da muss man nicht im Tunnel geh‘ n.“

Beim Freigang ich ein Frauchen traf,
die hielt mich doch für lieb und brav.
Sie ließ sich sogar von mir frei halten,
um einen schönen Abend zu gestalten.
Als bei ihr zu Hause stieg mein Drang,
hörte ich nur wie sie sang:
„Eile mit Weile guter Mann,
schau dir mal die Gegend an.
Täler, Hügel, Wüste, Oasen,
lassen doch dein Herz erst rasen.“

Wenn ich durch die Straßen geh,
ich stets nach den Ampeln seh.
Gelb und Grün sich von weitem bot,
doch wenn ich komme wird es Rot.
Bei Zeitnot ich mit dem Gewissen rang,
als es aus dem Lautsprecher klang:
„Eile mit Weile guter Mann,
schau dir mal die Gegend an.
Überall kann man was kaufen,
da muss man nicht im Rotlicht laufen.“

20.01.2017 © W.R.Guthmann

Informationen zum Gedicht: Eile mit Weile

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18.01.2017
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