Der Malbaum
Ein Gedicht von
Norman Räcke
Ein Malbaum schläft am Waldesrand
die Krone kahl vom letzten Schnee
er träumt sich zu neuem Stand
der Specht tut seiner Borke weh
Ein sanftes Flüstern treibt der Wind
der Mai schlägt Knospen tausendfach
all Sonnenpracht steigt auf geschwind
und küsst den alten Malbaum wach
Ein Wandersmann mit Hut und Hund
streckt am Stamme das müd Gebein
kerkert Schönwort auf gilben Grund
für die Liebste sein
Ein Waisenkind gebückt vor Kummer
weint jämmerlich drunterm Blätterkleid
bald übermannt von friedlich Schlummer
schnürt Seelkorsett im Schlaf ihr Leid
Die Jahre stehen zäh im Land
rings um ihn sich Felder drängen
all Wald gefällt bei Menschen Hand
unter moralisch edlen Zwängen
Und wenn er nicht gerodet wurde
steht Malbaum dort noch heute
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