Unser Lied

Ein Gedicht von Lars Abel
Rot begleitet mich im Tod,
lieg' in den letzten Zügen
Der Zug traf mich zu ungenau,
Für beide kein Vergnügen

Mein schwacher Blick beginnt damit,
sich schüchtern einzutrüben
Ich hab' s mir anders vorgestellt,
würd' anderweitig lügen

Mein Bein lümmelt im Kies,
mein Kopf ruht auf den Gleisen
Die Hände funktionier'n micht mehr,
so starr wie Fahrradspeichen

Gewiss kommt gleich einer vorbei
um laut entsetzt zu schrein'
"Bin selber Schuld",entgegne ich,
"Ich ließ es ja nicht sein!"

Doch Sprechen, halt, gelingt es mir,
Die Lippen zu bewegen?
Ich pass', so leblos mein Gesicht,
dass garnichts sich will regen.

In Trümmern lieg' ich hier,
verbogen alle Glieder
Vom Bahnhofskiosk hallt heran
ein Schwung an Schnulzenliedern

Da fällt mir auf, ich höre ja,
die Ohren zu gebrauchen!
In meinem Zustand, denke ich,
kann's garnicht besser laufen!

Ich bild' mir ein, sie spiel'n das Lied
das uns so sehr gefallen
Von zweien, die im Tode erst
sich ganz und gar verfallen

So werd' ich friedlich,
eigentlich, könnt's mir nicht besser gehen
Bin gänzlich überzeugt davon,
da drüben Dich zu sehen

Wie gut, dass nicht gestattet ist,
die Schienen zu betreten
Will ja nicht, dass man uns so sieht
und dass die Leute reden!

(C) Lars Abel

Informationen zum Gedicht: Unser Lied

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09.09.2015
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