Oh Mutter

Ein Gedicht von Kerstin Mayer
Oh Mutter, du kennst mich, du hast mich geborn,
und doch siehst du nicht, wie sehr ich bin verlorn.
Durch all meine Kindheit hast du mich geführt,
wofür dir ganz sicher mein Dank auch gebührt.

Oh Vater, mein Lieber, dich hatt’ ich so gern,
doch bliebst du mir mehr als die Anderen fern.
Ich war stets dein Mädchen, das wollt ich auch sein,
wir waren zusammen, und trotzdem allein.

Oh Schwester, du Gute, du warst stets bei mir,
ich teilte als Kind schon fast alles mit dir.
Wir spielten zusammen, und stritten noch mehr,
wie wünscht ich, dass heut es wie früher noch wär.

Oh Freunde, wo wart ihr, ihr wart niemals da,
auch Nachbarn, Kollegen, ihr wart mir nie nah.
Ich war stets alleine, bei Tag und bei Nacht,
kein Mensch hat mit mir je geweint und gelacht.

Oh Alle, die ihr mich im Leben gekannt,
ihr habt euch in ein falsches Bild wohl verrannt.
Gar niemand sah jemals mein wahres Gesicht,
ihr saht nur die Hülle, das Innere nicht.


© Kerstin Mayer 2005

Informationen zum Gedicht: Oh Mutter

17 mal gelesen
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28.03.2025
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Kerstin Mayer) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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