Es herrscht nicht immer eitel Sonnenschein

Ein Gedicht von Ingrid Baumgart-Fütterer
Es handelt sich hier um fiktive Charaktere
-1-
Alternder Fremdgänger
-1-
Endgültig vorbei ist seine Jugend
und mit ihr endet seine Tugend,
Versäumnisse gilt es nachzuholen,
treue Gedanken umzupolen.
-2-
Am Duft von Jungfrauen berauscht er sich,
mit kraftvollem ersten „Spatenstich“
verändert er der Mädchen Körperbau,
einst Unberührte werden zur Frau.
-3-
Sich im Glanze der Jugend zu sonnen
verschafft ihm ungeahnte Wonnen,
alternde Ehefrau wird vergessen
in den Armen seiner „Mätressen“.
-4-
Gewissen wird in Alkohol ertränkt,
betrogene Frau noch mehr gekränkt,
beim Ausleben sexueller Triebe
hilft außereheliche Liebe.

-2-
Der Biedermann
-1-
Zwei Seelen wohnen in seiner Brust,
gefüllt bis zum Rand mit purem Frust
angesichts aussichtsloser Lage
seiner gezählten Lebenstage.
-2-
Nach außen spielt er den Biedermann,
der nicht anders als sittsam sein kann,
doch es brennt zwischen seinen Lenden
Feuer - könnte daran verenden.
-3-
Es ergreift Besitz von ihm, quält ihn,
nun braucht er dringend einen Termin
mit der jungen Liebesdienerin,
verabredet sich schon bald mit Lynn.
-4-
Zwei Seelen wohnen in seiner Brust,
eine satt, andre hungrig nach Lust
insgeheim ist er ein Lebemann,
der von der Liebe nicht lassen kann.

-3-
Der „Falschspieler“

Der langersehnte Tanzabend mit ihm
war unrettbar ins Wasser gefallen,
weil Tränen der bitteren Enttäuschung
ihre Vorfreude schnell hinwegspülten.

Zwei Tage vor ihrer Verabredung
vergaß er bei ihr seinen Notizblock,
aus dem das Nacktfoto einer Frau fiel,
als sie in diesem herumblätterte.

Er spielte mit ihr ein Spiel wie mit ihr,
hoher Einsatz brachte keinen Gewinn,
kostete ihm und ihr Verlust von Glück
und den Glauben an die wahre Liebe.

-4-
Sinneslust und Sinnverlust

Nebenan wohnen Lust und Sünden,
in deren bodenlosen Pfründen
Haltlose restlos Halt verlieren,
wenn sie das Laster ausprobieren.

Wer lustvoll von der Sünde kostet,
ansonsten aber rastet, rostet,
wird das Verschwenden von Gefühlen
verbittert an Leib, Seele spüren.

-5-
Hündische Ergebenheit

Er war ihrem Charme gänzlich erlegen,
lief ihr wie ein Schoßhündchen entgegen,
beseelt von hündischer Ergebenheit
gönnte er ihr Liebhaber ohne Neid,
begnügte sich mit Streicheleinheiten
und genoss „Fingerspitzen-Feinheiten“

Streicheleinheiten für seine Seele
waren die Worte aus ihrer Kehle,
denn nichts verschaffte ihm größere Lust,
als ihr zu erzählen, von seinem Frust
und ihre saftigen Gesprächshappen
mit gespitzten Ohren aufzuschnappen.

Neben ihr fühlte er sich geborgen,
es bekümmerte ihn nicht das Morgen,
denn nur ihre Nähe war ihm wichtig,
dagegen schien alles andre nichtig
und „bei Fuß“ folgte er ihr lebenslang
bis er von ihr schied, ohne Sang und Klang.

-6-
Totaler Rückzug

Er hat sie eiskalt abgeschrieben,
hörte plötzlich auf, sie zu lieben,
hat die Beziehung neu definiert,
seit er das Interesse verliert,
am Zusammenleben, die Liebe,
gleichgesetzt mit tierischem Triebe,
doch gesteht er sich ein im Stillen,
wahrer Grund liegt im Widerwillen,
der seine Lust immer dann abkühlt,
wenn er ihren nackten Leib berührt –
er traut sich nicht, ihr dies zu sagen,
Wahrheit könnte sie nicht ertragen,
würde schreien, heulen, ausrasten,
ethisches Gewissen belasten.

Informationen zum Gedicht: Es herrscht nicht immer eitel Sonnenschein

8 mal gelesen
01.03.2025
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Ingrid Baumgart-Fütterer) für private und kommerzielle Zwecke frei verwendet werden.
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