Der Tag muss der Nacht weichen
-1-
Im noch verschlafenen Antlitz des Kindes
begannen von Morgentau benetzte Lippen
in den Mundwinkeln hin und her zu wippen
wie Zweiglein in der Umarmung des Windes.
-2-
Seine blinzelnden Augen öffneten sich,
um dem Tagesbeginn entgegenzublicken,
in dessen Licht Rosen, Narzissen und Wicken
matt erglänzten wie auf einem Kupferstich.
-3-
Ergreifen wollt es goldenen Sonnenball,
mit dessen Schein kommende Nächte verbannen
in Unterwelten, welche Dichter ersannen
und diesem Lichte folgen als treuer Vasall.
-4-
Sein Mund spreizte sich nun zu einem Lachen,
dieses einzig und allein dem Sonnenlicht galt,
welches dem jungen Tag verlieh Form und Gestalt,
als auch befreite von nächtlichen Drachen.
-5-
Als wiederum der Tag am Abend erstarb,
erstarb auch des Kindes hoffnungsfrohes Lachen,
denn erneut öffnete sich ein schwarzer Rachen,
der das wärmende Licht umschloss wie ein Sarg.