Aus dem Tagebuch einer Klavierschülerin (5)
- Fiktion -
"Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!"
-1-
Noten vor den Augen verschwimmen,
die Nerven beginnen zu glimmen,
werden reißen oder durchschmoren,
auch stehen unter Druck die Ohren
Taubheitsgefühle stellen sich ein,
jetzt spiel ich Klavier erst recht "unrein".
-2-
Mir zuvor so vertraute Noten
klingen auf einmal gottverboten,
hab ich in der Aufregung vertauscht
Notenblätter - oder falsch gelauscht -
nun stört mich die Fliege an der Wand,
hoffentlich gewinnt das Biest bald Land-
3-
Es fährt mir ein heftiger Schrecken
in die Glieder und rote Flecken
der Scham entflammen meine Wangen,
ich muss um die Beherrschung bangen,
soll ich wieder von vorn anfangen,
oder erst kühlen meine Wangen?
-4-
Nach kurzer Pause geht es weiter,
ich übe die ES-Dur Tonleiter,
dann Triolen am laufenden Band
- geht mir noch nicht flüssig von der Hand -
so werden mir Grenzen aufgezeigt
"Ach Gottchen, wieder alles vergeigt!"
-5-
Fortschritte lassen auf sich warten,
ich muss, um endlich durchzustarten,
üben, üben, bis die Schwarte kracht
nicht nur tagsüber, auch in der Nacht
bis zur Bildung von Hornhautschwielen
auf Fingerkuppen durch das Spielen.
- "Sendepause" -