Ich wurde auserwählt
Ein Gedicht von
Horst Rehmann
Zum ersten Einsatz auf dem Spielfeld,
hat die Liga-Mannschaft mich gewählt,
schwarzweiß, fabrikneu, glänzend und prall,
so präsentier´ ich mich als Fußball,
trotz Warnungen und viel Gemotze,
wage ich diesen Job, zum Trotze.
Wenn auch die alten Bälle klagen,
mich ständig nur mit Mitleid plagen,
so grob, wie diese mir prophezeih’n,
wird die Behandlung sicher nicht sein,
sehr wahrscheinlich ist es nur der Neid,
der aus ihren Lederrunzeln schreit.
Auf dem Mittelpunkt lieg ich zur Stund,
laut ertönt ein Pfiff, jetzt geht es rund,
ich roll auf´s Feld, das Lange, Breite,
spür einen Tritt hart in die Seite,
dieser gibt mir derart viel Effet,
dass ich vom Spielfeld nichts mehr seh’.
Kaum bin ich in Richtung Tor gerollt,
hab vom ersten Schrecken mich erholt,
kickt mir einer schmerzhaft auf die Naht,
Ruck zuck krieg ich wieder volle Fahrt,
der Keeper, hellwach auf dem Posten,
boxt mich gnadenlos an den Pfosten.
Kurz darauf tritt mich wieder ein Schuh,
ich zisch direkt auf die Latte zu,
schwinge mich auf im hohem Bogen,
werd´ dadurch zum Pfosten gezogen,
der Aufprall lässt das Torholz beben,
ich muss zurück auf´s Spielfeld schweben.
Von dort geht’s weiter, mit voller Wucht,
ich suche mein Heil jetzt in der Flucht,
mach ´nen Abstecher ins Seiten-aus,
einen Einwurf halt ich besser aus,
dieser landet meistens ohne Frust,
ganz locker, auf eines Spielers Brust.
Dann geht prompt das Bolzen wieder los,
jeder tritt und drischt mich mitleidlos,
mit Rist oder Spann, mit Kopf und Schuh,
es geht unentwegt dem Tornetz zu,
dann ein schriller Pfiff, welch Ungemach,
Elfmeter, fünf Spieler machen Krach.
Keiner hat solch einen strammen Schuss,
wie vom Elfmeterschützen der Fuß,
doch dann, es scheint fast wie ein Gesetz,
lande ich als Ball, ganz weich im Netz,
dort zappele ich nicht allzu sehr,
dann kommt auch kein Nachschuss hinterher.
Ich mach zum Spiel heut´ gute Mine,
will trotzdem schnell in die Kabine,
ich bin prall voll Luft und kerngesund,
fühle mich fit, bin noch kugelrund,
bin zwar fix und fertig – einerlei -
doch beim nächsten Spiel - bin ich dabei.
© Horst Rehmann