Lockdown - ist nicht nur ein Wort
Ein Gedicht von
Horst Hesche
Ich ging da gern vorbei
mit meinem Hund,
dort, an der Blumen-Einkaufshalle.
Davor stand der Kiosk
und Harald mit der großen Bratenzange.
Und auf dem Grill schön ausgerichtet
lagen köstlich duftend die knackig frischen Würste.
„Nur 2 Euro!“
stand auf einem schwarzen Brett geschrieben.
Und Harald mit der schwarzen Schiebermütze,
der großen Brille, dem eindrucksvollen Schnauzer
und der blauen Schürze
wandte ganz geschickt die schönen Würste.
Ein Lächeln huschte manchmal über sein Gesicht.
Auch ich probierte manches Mal
mit meinem Hund.
Halbe – halbe!
Und vor dem Grill, da sprang behände
ein Sperling hin und her,
einzeln, ohne seine vielen Brüder.
Er hüllte sich in Schweigen
und sprang hinzu, wenn Harald ihm paar Brocken zuwarf.
Ja, ja! Das alles war einmal!
Jetzt ist die große Halle zu.
Und auch der Bratwurststand ist zu!
Ein kalter Wind fegt hier vorbei.
Ein Bild von Harald hängt da an der schwarzen Tafel.
Und jemand hat mit Kreide ein Kreuz hinzu gefügt.
Eine Rose, schon vertrocknet, hängt im Bügelschloss.
War's ein Infarkt? War es die Einsamkeit?
Es war Corona!
Und auch der Sperling ist nicht mehr!
Wahrscheinlich längst verhungert.
Ich hielt hier ein,
bekreuzigte mich
und kalt zog's mir durch alle Glieder.
Januar 2021