Mitternacht
Längst schloss der Tag die Pforte zu,
die Nacht, sie naht heran,
die laute Welt, sie ging zur Ruh`,
und Stille ist der leise Bann.
Andere im Bette liegen müd`,
der Dichter noch am Schreibtisch wacht,
bei ihm noch ein Lämpchen glüht,
die Uhr steht schon auf Mitternacht.
Aus seinem Innern es dann dringt,
seine Welt, umstellt von Bildern groß,
er hört, dass jemand Lieder singt,
doch ist es eine Hülle bloß.
Lebendig werden die Gedanken,
des Dichters Ohr rundum jetzt lauscht,
Wände geraten jetzt ins Wanken,
selbst aus der Tiefe es nun rauscht.
Geheimstes ist nun ganz erhellt,
Verborgenes nicht mehr ferne,
des Dichters Welt, gedanklich aufgestellt,
Worte fließen wie der Strom der Sterne.
Was am Tag ihn angeschaut,
so rätselhaft und blind,
ist ihm plötzlich so vertraut,
so arglos wie ein Kind.
Der Gedanke, der Herzen trunken macht,
überschwänglich das Gemüt,
ist es auch längst nach Mitternacht,
das Dichters Lämpchen einsam glüht.