Mutter
Ein Gedicht von
Farbensucher
Manchmal versetzt mich‘s in alte Zeiten,
seh ich eine Frau wie dich von Weitem,
die in deinen Farben hell sich kleidet –
die Sehnsucht in Erinnerung gleitet:
Ich beuge mich, um dich zu umarmen
und spüre deinen Herzschlag, den warmen;
will so oft so viel von dir festhalten,
würde gerne den Abschied verwalten,
der sich ahnungsvoll in Umarmung legt,
wenn Sehnsucht schon beim Begrüßen sich regt;
das Glück lächelt dir aus deinen Augen -
dein Herz will es einfach noch nicht glauben,
dass deine Zeit irgendwann sich begrenzt,
weil du noch Wege gehst, die du nicht kennst,
und nah bei mir sitzt in meiner Küche,
und wir uns erzählen, was uns bedrückte;
wir weinen, lachen und singen Lieder –
sie klingen, verklingen in mir wieder;
die Geschichten der Kindheit sind in dir,
die ich, ohne dich, mehr und mehr verlier;
mit warmen Händen gibst du, was du hast,
weil du den Lebenssinn längst hast erfasst;
dein ganzes Leben übtest du Verzicht –
wenig Haben bekümmerte dich nicht;
es gab auch Zeiten, da hatten wir’s schwer,
da spürten wir die Liebe nicht mehr;
ich wollte nie, niemals werden wie du,
doch trage ich heute auch deinen Schuh;
bis zuletzt trägst du die Hoffnung ins Wir–
dafür und für Liebe danke ich dir.
Nun treffen wir uns nur im Erinnern,
Stunden in Augenblicke zerrinnen,
in Augenblicke, die ersehnen jetzt,
die Frau , die aus der Ferne sich zu mir setzt;
in meinem Rücken weht ein kalter Wind –
ich bin Mutter und bleib doch dein Kind.