Nein, nein, nein!

Ein Gedicht von Christoph Hartlieb
…Ein Menschlein, frisch auf dieser Welt,
gerade aus dem Ei gepellt,
mit andern Worten, neu geboren,
steckt bis zu den zerknautschten Ohren,
vom großen Zeh bis hin zum Bauch
nicht nur in Windeln, sondern auch
in einem Wirrwarr von Geboten,
die sein Geschick zusammenknoten.
…Dies ist verboten, jenes Pflicht:
Du sollst, du musst, das darfst du nicht.
Sei leise. Iss. Trink´s ja nicht. Trink´s.
Gerade aus. Nach rechts. Nach links.
Vokabeln lernen. Hände waschen.
Gehorsam sein und niemals naschen.
Parkett und Rasen nicht betreten.
Den Helm ab, niederknien zum Beten.
Umleitung, Einbahnstraße, Stopp.
Ins Bett. Heraus. Marsch, marsch. Hopp, hopp.
Dreimal am Tag. Das ist tabu.
Genug damit. Wähl SPU.
…Gewissen, Nachbarn, Staat, Mama,
sie alle fordern, er sagt ja.
Doch macht er´s schließlich keinem recht
und fühlt sich außerdem noch schlecht
als Punchingball und Nervenbündel
Es quält ihn Unwohlsein und Schwindel.
Er weiß, zerhackt in lauter Scheibchen,
kaum, ist er Männchen oder Weibchen.
…Er fasst den Plan, er selbst zu sein,
und sagt zum ersten Male: Nein!
Nun fühlt auch ohne Alkohol er
sich in der Welt erheblich wohler.
Silesio

Informationen zum Gedicht: Nein, nein, nein!

124 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
-
02.12.2022
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Christoph Hartlieb) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
Anzeige