Das Bett
….Der Mensch braucht in der Lebenshetze
gewisse Naherholungsplätze,
auf die er sich so dann und wann
uneingeschränkt zurückziehn kann,
um unbelästigt und allein
und allenfalls zu zweit zu sein,
zum Beispiel etwa das Klosett.
Genauso wichtig ist das Bett.
Dort lässt sich dies und jenes tun,
besonders aber herrlich ruhn.
….Ja, in der Tat, die meisten legen
sich in ein Bett des Schlafes wegen.
Ein Drittel ihrer Lebenszeit
beansprucht diese Tätigkeit.
Phantastisch, zu Entspannungszwecken
die matten Glieder auszustrecken
und morgens wieder aufzuwachen
zum Schauen, Arbeiten und Lachen.
….So wird das Bett zu mancher Zeit
Brutstätte der Bequemlichkeit,
wohin der Mensch gewöhnlich flieht
allein zum Zweck, dass nichts geschieht.
Er faulenzt einfach vor sich hin,
hat nichts als nichts zu tun im Sinn,
und wenn er nicht gestorben ist,
dann liegt er noch zu dieser Frist.
….Auch Krankheit kann dazu bewegen,
den Leib in solch ein Bett zu legen.
Wird er ins Krankenhaus gebettet,
dann ist er förmlich angekettet,
damit er endlich wieder heile
dadurch, dass er im Bett verweile.
Er kommt zuweilen erst nach Wochen
gesund daraus hervorgekrochen.
….Weil der, der lebt, nicht ewig lebt,
so sehr er auch am Leben klebt,
wählt mancher in der letzten Not
das Bett als Platz für seinen Tod,
um seine Seele zu verhauchen
und dann ins Jenseits einzutauchen,
wobei dasjenige, was leibt,
leblos auf Erden hinterbleibt.
….Es wäre aber traurig, bliebe
das Bett nicht auch ein Ort der Liebe.
Dort kann geschehen, was gefällt,
verborgen vor dem Blick der Welt,
ein Austausch jener Zärtlichkeiten,
die ihm und ihr Pläsier bereiten.
Eventuell lässt sich die Decke
darüber breiten zu dem Zwecke,
dass sich das Paar an dem erfreut,
was sonst das Licht der Sonne scheut.
….Dank jenem, der das Bett erfunden,
von Tausenden zufried´nen Kunden!
….So wünsche ich Euch viel Vergnügen
im Stehen, Sitzen oder Liegen,
am Morgen, mittags und bei Nacht.
Freut Euch des Lebens, singt und lacht.
Doch wenn sich dann der Abend neigt
und Ihr in Eure Betten steigt,
bedenkt, was ich geschrieben habe:
Das Bett ist eine edle Gabe,
die weder Kind noch Frau noch Mann
genügend hoch bewerten kann.
Silesio