Nach dem Regen
Ein Gedicht von
Annelie Kelch
Der Himmel strahlt wie der Mund eines Harlekins;
an seinen Wimpern hängen noch Tränen.
Die Vögel nehmen ihre Lieder wieder auf,
der Baum ist ein Notenständer, seine Blätter sind Noten: Sie geben den Ton an – ein grüner Klang Hoffnung.
Die Sonne besänftigt das traurige Herz;
Wehmut bleibt zurück … auch sie nagt an dir. -
Auch sie verzehrt dich – wenngleich langsamer
als Kummer und Gram.
Der Säugling im Kinderwagen strampelt die Decke fort,
die Sonne wärmt seine dicken Beinchen,
er strampelt und jauchzt …
Die Matrosen auf den Schiffen singen,
der Fisch springt aus dem goldenen Wasser.
Der Angler nimmt den Fisch vom Haken
und wirft ihn zurück in den Bach.
Das Reh tritt aus dem Wald; der Jäger senkt das Gewehr.
Der Wanderer watet im Fluss und wäscht seine Kleider;
auf den Märkten wird wieder gefeilscht.
Die Reichen leeren ihre Geldbörsen
in den Strohhut der Bettlerin.
Aus den Fenstern der Wohnhäuser lehnen Frauen,
die Arme auf bunten Kissen gestützt …
Süßigkeiten fallen wie Sterne in den Hof –
die Kinder fangen sie auf und winken.
Die Kühe schlagen einen gemächlichen Bogen -
um alle Blümchen und rupfen nur Gras.
Der kleine Junge darf sein Taschengeld behalten,
das er jeden dritten Freitag einem größeren geben muss - in einer dunklen Ecke des Pausenhofs -
"... sonst setzt es was!"
Sie sagt ihm, wie sehr sie ihn liebt und er hört ihr zu.
Die Sonne scheint wieder.