Frühlingsrausch
Ein Gedicht von
Annelie Kelch
Frühlingsrausch
Alter Deich -
grüner Limes im Frühlingsrausch;
noch während des Ansturms
setzte ich mich voll in die Nesseln
und es brannte und juckte
am späten Abend noch
standen meine Füße im Feuer,
zuckten unterm Deckbett.
Die tauben Nesseln lobte ich,
lauschten meinen Klagen,
nickten mit sanften Blättern,
wiegten die scholadensüßen hellen Köpfe
im Frühlingswind, schwiegen weise.
Und jene Tage lobte ich in Gedanken,
an denen ich kommen sah Blanka und Heidi
die schräge Deichauffahrt gegenüber dem
Janssen-Hof hochgestampft, zu zwängen
die riesigen Köpfe durch den Stacheldraht,
zu stieren auf die Straße, zu fressen ...
Fraßen vom überschäumenden Frühlingsrausch
den die Sichel verschmäht hatte, fraßen
und fraßen, soweit die nassen Mäuler reichten.
Und auch das wussten wir, ihr Schlawiner:
dass ihr bisweilen spät Abends am Deichhang gelagert seid:
Eure gespitzten roten Ohren ragten über die Krone
und haben wie Glühwürmchen geleuchtet, hah!
Spähtet, ein unreifer Trupp Buben,
in unser hell erleuchtetes Fenster -
kleine Yoyeure.
Ja, ja, damals war ich noch (sehr, sehr) brav,
a Watschn von Muttern konnten wir euch
nicht bieten.