Du, geh nicht einfach so vorüber ...
Ein Gedicht von
Annelie Kelch
Du, geh nicht einfach so vorbei
an den Faltern dieses Sommers -
Schau und deute die Zeichen auf ihren Flügeln:
fragile Ornamente, Aquarelle Chagalls,
gehaucht mit dem zärtlichen Atem
seiner Pinsel und den Farben des
Regenbogens auf seiner Palette,
Erinnerungsbilder von Glücksgefühlen:
Irgendwann warst du - was du heut'
nicht mehr bist … doch sei gewiss:
Alles Gute kehrt zu dir zurück.
Du, geh nicht einfach so vorüber …
an Schmetterlingen, die auf
träumenden Blüten schaukeln:
Im Hauch ihrer zarten Flügel,
wenn sie deine Wange streifen,
liegt alle Zärtlichkeit dieser Welt.
O geh nicht einfach so vorüber
am einsamen friedlichen Bach
darauf kein Kahn, kein Segel gleitet
darin kein Fischer die Angel wirft
und Wasserspinnen ganz allein
für Fische und Seerosen tanzen …
O geh nicht einfach so vorüber
an Gräsern und Halmen: lausche -
lausche dem glasklaren Chor
der Tropfen des Morgentaus,
die Geschmeide ins Grün weben:
funkelnde Kostbarkeiten
eines kurzen Augenblicks ...
Du, geh nicht vorüber, einfach so,
am tiefen Brunnen der Welt,
an jenem Antlitz aus Stein,
das du mit zärtlichen
Händen zum Leben
erwecken könntest …
Blind ist unser Aug' von Geburt -
Die Natur erst lehrt uns sehen
wie Gott seine Welt betrachtet:
mit Liebe verströmenden Händen,
daraus das rettende Licht
und die Farben quellen ...