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Gedichte über Politik - Seite 68


Freitaler Nachtgedanken

Wäre Heinrich Heine ein Freitaler gewesen und würde in der heutigen Zeit leben, könnte sein berühmtes Gedicht "Nachtgedanken" vielleicht wie folgt ausgefallen sein:



Denk ich an Freital in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

Was typisch war hier und bekannt
hat immer weniger Bestand.
Von Denkmalschutz man hier nichts weiß,
dafür die Abrissbirne kreist.

Wer kann sich an die Zeit entsinnen,
als wir hier wollten neu beginnen,
mit Volksvertretern, die den Willen
des münd’gen Bürgers nur erfüllen ?

Heut kann man seh’n. Es blieb ein Traum.
Des Bürgers Wille zählt hier kaum.
man zeigt nicht Herz und nicht Verstand.
Stattdessen hebt man nur die Hand.

Sitzt man im Stadtrat, hat man’s schwer,
denn die Verantwortung drückt sehr.
Manch einer glaubt das Leid zu lindern,
kriecht er dem Stadtchef in den Hintern.

Was bringt das Streiten der Fraktionen,
die Stelle soll sich doch auch lohnen.
Die alte Nationale Front
hätt' besser das auch nicht gekonnt.

Einer braucht dies und einer das,
am Ende braucht ein jeder was.
Die Wünsche kann man gut gestalten,
gleicht man sich an im Stimmverhalten.

Man sollt‘ die Stadt, ich muss bekennen,
wohl in Palermo umbenennen,
denn Kräfte, die dort lang schon walten,
haben jetzt Einzug hier gehalten!

Gottlob! durch meine Fenster bricht
morgendlich heit‘res Tageslicht;
Es kommt mein Weib, schön wie der Morgen,
Und lächelt fort Freitaler Sorgen.
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Späte Einsicht

Gedanken eines "besorgten" Bürgers und seine zu späte Einsicht ein paar Jahre danach:

Ich habe dieses Gedicht vernommen
und frag mich, wo sind wir hingekommen?
Wir müssen uns vor uns’ren Kindern schämen,
wenn wir dagegen nichts unternehmen.
Schon bald stehen wieder Wahlen ins Haus.
Da machen den Gutmenschen wir den Garaus.

Gesagt, getan, wir haben gewählt
und warten, dass man die Stimmen auszählt.
Bald sind vom Jubel wir ganz benommen,
die AfD hat eine Mehrheit bekommen.

Die Regierung wird gebildet, das schafft man im Nu.
Als Juniorpartner nimmt man die CSU.
Gauland wird neuer Kanzler, was mir gefällt.
Höcke wird zum Propagandaminister bestellt.
Unsre Nachbarn, Le Pen und Wilders und wie sie alle heißen,
werden gemeinsam in Europa das Steuer herumreißen.

Die Grenzen der Nationalstaaten werden geschlossen.
Wer sie dennoch überschreitet, auf den wird geschossen.
Das ist doch fürwahr eine herrliche Wende.
Jetzt endlich hat das Flüchtlingselend ein Ende.

In Europa kommt es zum Streit. Die Nationalisten
verfallen immer öfter ihren Vormachtsgelüsten.
Wer gestern noch Freund war, ist heut plötzlich Feind,
dabei hat uns doch am Anfang der Fremdenhass geeint.
Die Bomben folgen den markigen Sprüchen.
Die Luft ist erfüllt von Pulvergerüchen.
Die Städte Ruinen, vom Hunger heimgesucht,
kommt mir die Erkenntnis: Uns bleibt nur die Flucht.

In Syrien herrscht jetzt Frieden. Man könnte probieren,
bei Nacht dorthin auf dem Landweg zu marschieren.
Da kommt die Meldung, die Balkanroute ist ab sofort geschlossen.
Erdogan hat mir Syrien einen Deal abgeschlossen.
Was mir noch bleibt ist der Weg über das Mittelmeer.
Ich habe furchtbare Angst und es fällt mir sehr schwer,
mich in ein Schlauchboot zu setzen. Ich bin doch kein guter Schwimmer.
Ich tu es doch, denn es ist der einzige Hoffnungsschimmer.

Ich habe es geschafft, bin am Ziel angekommen.
Besitz nur noch, was ich am Leib trag, bin das letzte Stück geschwommen.
Ich lasse in Syrien mich registrieren.
Stelle Antrag auf Asyl. Was soll mir noch passieren?
Lebe in einem Heim, versuch arabisch zu lernen.
Was die Zukunft mir bringt, das steht in den Sternen.
Da seh ich auf der Straße eine Demonstration.
Das kommt mir so bekannt vor. Das sah ich doch schon.
Wer hetzt dort gegen Flüchtlinge? Wer macht diesen Stress?
Die Alternative für Syrien, oder kurz AfS.

Hätten wir damals nur etwas weiter gedacht,
hätten wir manche Dummheit vielleicht nicht gemacht!
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