O Mann, O Mann.
(Oder: und ewig lockt die andere Frau ...)
Eine Ehefrau, eine Freundin und im Schnitt zwei Mätressen.
(Die letzteren mit Halbwertszeiten von circa drei Lenzen.)
Warum ist MANN von der anderen Frau so besessen?
Warum kann MANN so schwer sich ein- und begrenzen?
Entschwunden ist, was er hat, die schönsten Romanzen,
es ist die neue schmeichelnde Seide, die betört.
MANN möchte auf allen Hochzeiten tanzen,
MANN weiss eigentlich nie, wem er gerade gehört.
In den Urzeiten erhalten, tief im 'ES' integriert
dieses latente, treibend Fordern zur Jagd.
Wenn auch durch gängige Regeln dezimiert,
wird MANN immer und ewig 'geplagt'.
Busen, Beine, Spitzen, erregendes Rouge:
Die männliche Psyche, und anderes, erstarrt.
Im Inneren schwirren, die Sinne werden konfus,
das hilflose 'UEBERICH' kläglich schachmatt.
Ein Träger, sichtbar, an der Bluse ein lockerer Knopf,
die Formen erahnend, der Ausschnitt eröffnend,
Hüften wippend in dezenter Bewegung und hop,
beginnt es schon zu scharren in den Startlöchern.
MANN will doch entdecken. Steht Sie auf Sportler?
Was denkt Sie von Miles Davis, was von Miro?
Liebt Sie Grieg, kennt Sie Edward Hopper?
Hätte Sie Gefallen an Dessous von Dior?
Die Vision katapultiert die Wünsche ins Orbit.
Das Verlangen nach neuer, zarten Berührung,
das muss MANN doch geniessen, solange noch fit,
und es noch spürt und nicht nur im Frühling.
MANN muss doch, kann gar nicht anders, verzaubern, erobern.
Sie alle, die sich unbewusst ergebend an ihn geschmiegt,
wurden sie nicht so oft in den siebten Himmel gehoben?
MANN, DAS Wort ist nicht zu umgehen, hat sie doch geliebt!
Lustmolch, Sittenstrolch, nennen Sie ihn, wie sie wollen,
wenn für MANN 'Moral' sich nicht reimt mit 'Altar'.
Seine 'Talente' und 'Fehler' konnte er auch nicht wählen.
Manch eine Eva findet MANN sogar wunderbar.
Liebe Damen, habt Ihr einen moderat Monogamen
hattet ihr unheimlich Glück, ein Sechser im Lotto.
Seid aufmerksam, behütet, bezirzt euren Zahmen.
(Und senden Sie MANN doch mal ihr Foto.)
© H.Aemmerli, September 1996
