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Gedichte über Lustiges - Seite 601


Sankt Martin 2019

Aus unaufhaltsam sterbendem Walde
flieht Sankt Martin — entlang einer Giftmüllhalde.
Er treibt sein Roß aus verseuchtem Gestüt
eilig voran, um Haltung bemüht.
Seit jeher schon ist Sankt Martin versessen
auf das alljährliche Gänse-Essen.
„Sind sie auch dieses Jahr wieder recht zart?
Hat der Koch auch nicht bei der Füllung gespart?”
Noch während er von Kulinarischem träumt,
steht im Klärschlamm, welcher den Wegesrand säumt,
plötzlich ein Bettler in ärmlichem T-Shirt,
und Sankt Martin, den sowas sonst nie stört,
hält an und mustert den frierenden Armen,
er spürt im Herzen ein tiefes Erbarmen,
und mitfühlend väterlich klingt dann sein Ton,
als er ihn fragt: „Was bedrückt dich, mein Sohn?”
Ganz kleinlaut kommt es von dessen Lippen:
„Ich hatte kein Geld, um im Lotto zu tippen.
Man wies mich ab an Villen und Höfen,
doch bei Lotto verlost man zwölf ganz heiße Öfen;
ein solches Zweirad, mit sechzig PS,
auf dem Rücksitz ´ne Biene — verführerisch kess — ,
die, lieber Sankt Martin, wollen wir wetten?
die könnte mich aus meinem Elend erretten:
Ob über Straßen, ob durch’s Gelände,
so führen wir an die wärmenden Strände!”
Nun nimmt Sankt Martin, im Herzen gerührt,
den Wettschein, den er bei sich geführt,
reicht ihn dem Jüngling und wünscht ihm viel Glück
und entfernt sich mit tränenverhangenem Blick.-----
Er reitet erschöpft und vornübergebeugt,
der Knabe hat ihn ganz klar überzeugt:
Ein schnelles Flugzeug mit flinkem Propeller
brächte auch ihn schnell zum dampfenden Teller,
oder gar eine fauchende Düse
ihn augenblicklich zu leck’rem Gemüse.
Nun treibt er den Gaul an, beschleunigt den Ritt
zum Martins-Essen mit Mords-Appetit.
Günter Uebel, 2019
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Heinzelmännchen von Köln?

Die Küchenwichtel

In alten Zeiten, so kann man es lesen,
lebten in Küchen und Kellern die Wesen,
die allen Menschen wohl bekannt.
Heinzelmännchen war`n sie benannt.

Doch Weh und Ach, sie wurden vertrieben,
so manche Geschichte wurd` drüber geschrieben,
kein Bitten, kein Flehen holt sie je zurück,
doch gab es Erfinder – zu unserem Glück,

die dachten und schraubten und basteln stets fein,
Roboterwichtel ziehn in die Küchen nun ein.
Die kochen und backen und spülen – nicht still –
und auch nicht alleine, wie ich es gern will,

doch mit etwas Antrieb wird alles gemacht,
was schlaue Köpfe sich für uns erdacht.
Nicht Holz und nicht Kohle schlepp ich für den Herd,
es wird auch nicht mit dem Reisig gekehrt,

das Kneten und Rühren quält nicht meine Hände,
kein Ruß färbt den Schrank und all meine Wände.
Ich denke, ich lehne bequem mich zurück,
genieße vom Tag jetzt ein größeres Stück.

Das ist ein Irrtum, denn auf alle Fälle,
bewegt sich kein „Wichtel“, bin ich nicht zur Stelle.
Ich tippe auf Knöpfe, ich schalte Programme,
ich lese die Weisung, ach ja, kleine Flamme,

der Topf öffnet sich erst, wenn er es so will,
den Zulaufhahn öffnen, sonst steht Minna still.
Ich fluche, die Dose geht wieder nicht auf,
voll Wut hau ich auf den Öffner mal drauf,

schon spritzt das Blut, jetzt dreht sich das Messer.
Ich bin ja auch blöd, wusst` ich es nicht besser?
Das Obst in den Mixer, zerkleinern und rühren,
oh je, das Fleisch muss ich auch noch einfrieren.

Und dann dieser Knall und alles steht still,
gerad', als ich noch das Brot schneiden will.
Maschinen sie schweigen, das Licht ging auch aus.
Da flog doch mal wieder die Sicherung raus.

Wie war zu Köln es doch vordem…

floravonbistram
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