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Gedichte über Energie - & Seelenvolles - Seite 289


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da will ich auch noch hin

vorsichtig schleichen sich mädchenhafte wesen
engelsgleich durch das gebüsch.
läuse und buben tun es ihnen behutsam gleich,
immer darauf bedacht, kein leben zu verletzen.
der warme waldboden knistert bisweilen
unter den achtsamen schritten der engelswesen
und lausbuben.
moose richten sich unbekümmert wieder auf.
farnblätter gleiten beiseite, um flinken füßen
flugs den weg freizumachen.
der abendwind geht kaum,
dafür ist das unterholz zu dicht.
aus allen sechs himmelsrichtungen strömen sie herbei,
um sich in der nahenden dämmerung zu versammeln.
am großen see des waldes treffen sie sich,
finden zueinander, um ihre lebensbejahende stimmung
in einem jahrmillionen alten, nächtlichen ritual
in die welt hinauszutragen.
einmal im jahr zur mittsommernacht kommen sie zusammen
aus allen teilen des großen alten waldes,
um das leben zu feiern und weiterzugeben,
auf dem letzten der sieben urkontinente,
der noch mooswälder sein eigen nennt.
überall sonst waren die urigen mooswälder verschwunden.
warum, das konnte niemand sagen.
und mit ihnen verschwanden auch immer mehr
die einst so zahlreichen und wundersamen geschöpfe
der wälder.
doch heute nacht kommen sie zusammen,
um das fest des lebens zu feiern.
als die dämmerung hereinbricht,
sind es hunderte und aberhunderte waldwesen,
weiblein und männlein, die sich am see versammelt haben.
sie wiegen ihre leiber sanft hin und her,
wie zu einem unhörbaren takt.
noch ist alles ruhig.
als der mond den himmel erobert,
gesellen sich tausende und abertausende irrlichter
zu den geheimnisvollen waldwesen
und füllen mit magischem glanz
die sphären über dem wasser.
durch den leichten wind scheint der mond
auf der oberfläche des sees zu tanzen.
und auch die irrlichter spiegeln sich im wasser
und verzaubern die große lichtung
auf ihre ganz eigene weise.
nach einer weile beginnen alle wesen
sich an den händen zu fassen.
abwechselnd stampfen sie mit dem
linken und rechten fuß auf den boden.
die vibrationen rings um den see versetzen das wasser
in leichte wogende bewegungen.
ein leises summen wird erst hörbar,
dann immer lauter.
vier lange laute klingen durch die nacht
und wiederholen sich dabei:
aa-oo-ee-a, aa-oo-ee-a kann man sie singen hören.
ihr gesang ist gleichförmig und setzt sich endlos fort.
als ihr gesang gleichzeitig wie tausend und wie eine stimme klingt,
lösen sich ihre hände voneinander
und beginnen ineinander zu klatschen.
sie alle klatschen den rhythmus der stampfenden füße
und unterstreichen auf traumhafte weise
des gesang des aa-oo-ee-a.
er ist noch weit bis in die ferne zu hören.
gleichmäßig und ohne jede eile singen sie
das lied des lebens, ihres lebens.
der geist ihres seins verbindet sich mit dem geist der natur,
wird eins mit ihr. so singen und tanzen sie
bis in die frühen morgenstunden hinein.
allmählich legen sie sich nieder, um zu schlafen.
jetzt bestäuben die irrlichter ihre körper
mit der mystischen aura des wassers des sees des lebens.
so wird neues leben in ihnen wachsen
und vielleicht werden sich manche der kleinen wesen
im nächsten jahr zur nächsten mittsommernacht
mit ihren müttern oder vätern auf den weiten weg
zum wasser des lebens machen,
um dieses uralte ritual fortzuführen.
dann werden sie beim mondlicht alle wieder miteinstimmen
in das magische aa-oo-ee-a…

ls25092012
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Vollmondnacht

Der Vollmond kommt althergebracht mit Bedacht
in der Nacht an die Macht.
Er lacht über den Tag, der nicht mehr mag:
Sein Sieg über die Sonne, das ist mondenklar.
Menschen und Wölfe vereinen sich und heulen gemeinsam
den hell erleuchteten Erdbegleiter an.
Die Magie der Nacht nimmt ihren Lauf.
Abwechselnd sitzen ein Wolf und ein Mensch im Kreis
auf den Steinen eines alten Bergplateaus
und instrumentalisieren ihre urigen Stimmen
mit urigen Lauten zu einer melancholischen Melodie.
Der Mond freut sich über diese Ehrerbietung.
Vollmondnächte sind besondere Nächte:
Menschen zeugen Menschen und
Menschen töten Menschen wie sonst zu keiner Nacht.
Das Leben am Puls kosmischer Gegebenheiten.
Man könnte meinen, der Vollmond enthemmt uns,
verlangt nach Wahrheit und Ehrlichkeit
wie kein zweites Gestirn.
Und er ist uns so nahe wie kein zweites Gestirn –
ein menschlicher Planet sozusagen,
trotz all seiner Unwirtlichkeit.
Aber nicht nur Wölfe und Menschen
heulen in diesen Nächten Rotz und Wasser –
auch andere Tiere flippen aus:
Kecke Mäuse futtern eifrig Katzenzungen
und Schnecken spielen Wettkriechen,
während Dutzende Glühwürmchen die Rennstrecke markieren.
Ein nächtliches Fest tierischer Verrücktheiten:
Heute darf jeder mal, so wie er kann.
Drei Weinbergschnecken gehen gleichzeitig an den Start
im Angesicht der leuchtenden Hinterleiber der Glühwürmchen:
Welche schafft den Meter wohl als erste?
Amalia auf der linken, Egalia auf der mittleren,
oder Eulalia auf der rechten Spur?
Der Brüller eines Brüllaffen gibt das Startsignal
und die drei schleichen los, was der Schleim hält.
Nach etwa drei Minuten schläft Egalia
- gelangweilt von ihrem eigenen Tempo -
bei etwa 40 cm ein und bleibt stehen, oder besser: liegen.
Amalia und Eulalia haben den Sieg praktisch schon
vor den Fühlern, kommen aber auf den Außenbahnen
von ihren Schleimspuren ab und werden disqualifiziert.
Ein siegerloses Schleichen in heller Mondnacht.
Das eigentliche Publikum dieses Rennens, die Glühwürmer,
sind enttäuscht. Vereinzelte Buh-Lichter sind zu sehen.
Nicht nur der Mond scheint voll zu sein –
vielleicht waren es die Schnecken auch.
In Ermangelung eines Sieges sind auch keine Schleimproben nötig.
Die Glühwürmchen haben ausgeglüht für diese Nacht
und legen sich schlafen: Morgen ist auch noch eine Nacht.
Dunkle Wolkenmassen ziehen auf und versperren dem Mond
die Sicht auf dieses Fleckchen Erde.
Für heute Nacht hat er genug gesehen.
Auch die Gemeinschaft aus Menschen und Wölfen
legt sich langsam schlafen,
alle Katzenzungen ruhen in Mäusemägen.
Und während Amalia und Eulalia ihrer Irrwege ziehen,
schläft Egalia den Schlaf der Gerechten
und träumt von einem Zieleinlauf mit einer Fühlerlänge Vorsprung.
Die Glühwürmchen haben sich in die Bäume zurückgezogen
und tanken wieder Energien für ein nächstes nächtliches Leuchtfeuer.
Der Mond schaut nur noch ab und zu aus den Wolken hervor.
Am frühen Morgen besiegelt die Dämmerung
das Schicksal dieser Vollmondnacht…

ls29092012
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