Wie die Ameise König wurde
An einem feuchten, kalten Tag,
als Nebel überm Walde lag,
verstarb der Löwe, alt und krank,
gerad´ als die Nacht hernieder sank.
Von Fern ertönt der Schrei der Eulen,
die trauernd in den Ästen heulen:
„Der alte Löwe lebt nicht mehr,
nun muss ein neuer König her!“
Ein Rabe hat in jener Nacht,
die Trauerbotschaft rund gebracht.
An Elch, an Nashorn, selbst dem Hund,
bracht´ er die wehe Todeskund`.
An nächsten Tag in Morgengrau,
da war die letzte Leichenschau.
Dann ward der Löwe still begraben,
es sang ein Chor aus Küchenschaben.
Danach traf man sich zur Debatte,
ein Jeder zu erscheinen hatte.
Sie standen da im Sonnenschein.
Wer sollt´ der neue König sein?
Stolz kündet gleicht der Papagei,
dass er der beste König sei.
So farbenfroh, so ohnegleichen,
könnt` ihm kein Tier, das Wasser reichen.
„Nichts da,“ kläfft winselnd der Kojote
und hebt bedächtig seine Pfote.
„Ich bin geduldig und gerissen,
der wahre König sollt´ ihr wissen!“
„Das wäre wohl ein großes Drama,
so meldet sich nun auch das Lama.
Ich bin genügsam und sehr ehrlich,
für einen König unentbehrlich!“
„Bekannt bin ich im ganzen Land,“
trompetet drauf der Elefant.
Erhaben, mächtig und recht groß,
als König wäre ich famos!“
Worauf der Tiger lauthals lachte,
was alle Tiere ängstlich machte.
„Was ihr da schwatzt ist blanker Hohn,
nur mir allein, gebührt der Thron!“
So sprach gar manches Tier noch vor,
sogar der Hase “Löffelohr“ .
Und jedes meinte frank und frei,
dass es der beste König sei.
Inzwischen war es wieder Nacht,
der Mond schien diesmal sanft und sacht.
Noch immer war kein König da,
gar müde schon das Dromedar.
Der Esel aber unterdessen,
der sah die Sache angemessen.
„Warum woll´n wir uns langer quälen,
wir sollten uns´ren König wählen!“
Die Antwort kam von einer Meise:
„Der Vorschlag klingt gerecht und weise.“
Der Wolf verwirrt: „Das blöde Vieh!
Was dümmeres hört´ ich noch nie!“
Doch war´n die and´ren schon verdrossen
und so hat man des Nachts beschlossen.
Das Esels Vorschlag machte Sinn,
ein Königstitel, als Gewinn!
Was nun kam, ist uns wohlbekannt,
nicht anders als im Menschenland,
hieß Wahlkampf plötzlich die Parole,
ein Stimmenfang, der Kapriole.
Der Panther buhlte um die Ziegen
um ihre Stimmen denn zu kriegen.
Der Pavian mit rotem Arsch,
war nicht mehr kühl und furchtbar barsch.
Der Bär schien plötzlich lieb und friedlich,
das Krokodil tat nun ganz niedlich.
Die Schlange sprach von süßen Frieden,
das Yak zeigt sich nun sehr entschieden.
Vier Tage später war die Wahl,
die Tiere kamen ohne Zahl.
Der Fuchs, die Gans, des Bauers Schwein,
ein jeder wollte Wähler sein.
Es gab fast dreißzig Kandidaten,
die ihr Interesse hier vertraten.
Die Kuh, der Wolf, vielleicht der Tiger,
wer würde wohl der große Sieger?
So ward gewählt, drei Tage lang,
von früh bis spät der Urnengang.
Die Eiche stand als Wahllokal,
als letzter wählt der Zitteraal.
Das Votum hat der Pfau gesprochen,
die Spannung nagt an Geist und Knochen.
„Zum Sieger, spricht er etwas leise,
hat man gekürt..., die Ameise!“
Und die Moral von der Geschichte,
bedenkt man sie bei Tageslichte.
Der Glanz an sich ist null und nichtig,
letztendlich ist das Wahlvolk wichtig!
Denn wenn aus einen großen Haufen,
die Ameisen zur Urne laufen,
geschlossen wähl´n dann den Ihren,
darf er sich mit der Krone zieren.
© Hansjürgen Katzer, April 2002
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