Wer glaubt, braucht keine Beweise

Ein Gedicht von Undine Gallus
O unbefangene Kinderzeit,
als ich aufs Christkind mich gefreut,
die Weihnachtsbotschaft jedes Jahr
ganz klar und realistisch war!
O einfach starker Kinderglauben!
Zweifel mir nun die Ruhe rauben.

Wie war das doch mit dem heiligen Paar?
Was ist Legende? Was daran wahr?
Was geschah denn tatsächlich in jener Nacht,
als Maria das Kind hat zur Welt gebracht?
Kann man nach über zweitausend Jahren
die Wahrheit überhaupt noch erfahren?
Je mehr ich lese und studier,
je mehr erwachen Zweifel mir.
Denn Lukas erzählt, dass das heilige Paar
vor Jesu Geburt in Nazareth war.
Mattäus schreibt - ja, hat er denn gelogen?-
es wäre danach erst dorthin gezogen!
Und der Engel Singen - das Gloria -
doch ein Hymnus der frühen Christen nur war!
Der wurde halt passend vordatiert,
als hätten die Engel ihn komponiert.

Die Weisen aus dem Morgenland
durch Tiridates sind bekannt.
Und dem Plinius, der Römergeschichte schrieb,
dies gleichfalls nicht verborgen blieb.
Es stimmt auch ferner, dass ihre Namen
die Könige erst viel, viel später bekamen.

Den Perser Durates, zu Höh'rem erkoren,
hat ebenfalls eine Jungfrau geboren.
Selbst die Geschenke, die pompösen,
sind damals so schon dagewesen,
nur nannte man sie allenthalben
Münzen, Räucherwerk und Salben.
Es lässt sich wirklich nicht verhehlen:
hier finden sich doch Parallelen!!!

Obwohl ich kenn das Testament,
schwankt nun mein Glaubensfundament.
Ich war doch sicher, dass die Schrift
historisch voll ins Schwarze trifft.
Nun muss ich aber plötzlich lesen,
dass all dies Zeichen nur gewesen
für das, was Gott uns hat getan.
Was fang ich mit der Weisheit an??
Mein Glaub war stets fest und stark.
Jetzt beuteln mich die Zweifel arg...
Und wie ich mich auch rein verbeiß,
ich finde nirgends den Beweis,
dass alles so gewesen ist,
wie's aufschrieb der Evangelist.

Ich meld mich an zum Seminar.
Vielleicht wird dabei manches klar,
so hoff ich weiter unbeirrt,
und bin dann nurnoch mehr verwirrt.

Den Dienst während der heil'gen Messen
muss als Lektorin ich vergessen,
denn weil mich selbst die Zweifel schütteln,
kann glaubhaft ich nichts mehr vermitteln.
Ich find da einfach nicht mehr raus.
Weiß schließlich nicht mehr ein noch aus...

Das Buch "GOTT" fällt mir in die Hände
zur rechten Zeit. Nun hat's ein Ende,
das lange Zweifeln, stete Suchen.
Endlich kann ich Erfolg verbuchen.
Ja, Gott der mich sein Kind genannt,
er schrieb auch mich in seine Hand
und macht mir klar auf seine Weise:
Wer glaubt, der braucht keine Beweise!
Mein Blick wird endlich wieder klar
für das, was wirklich wichtig war.
Ob Nazareth - ob Bethlehem
ist einerlei. Doch das Geschehn
als solches, das ist wahr und richtig:
Gott wurde Mensch - nur das ist wichtig -
und kam zur Erde sicherlich
für alle Menschen. Auch für mich.
Wer das begreift, dem ist beschieden
Gelassenheit und Seelenfrieden.

Und plötzlich kann ich's selber hören -
das Gloria von Engels-Chören...


Ingrid Gallus

Informationen zum Gedicht: Wer glaubt, braucht keine Beweise

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18.12.2013
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