Vernichter der Vernichteten

Ein Gedicht von Marcel Strömer
Sie hielten sich für Dauerblüher, schändeten und fraßen begierig die Blumen von fremden Gräbern. Sie buddelten die Schätze der anderen aus und vergruben stattdessen ihre eigenen Jahre verlorengegangener Jugend. Heldentum und Reinheit - sie waren sich so sicher, die Menschheit ließe sich in unterschiedliche Rassen einteilen. Sie erklärten sich zum menschlichen Ideal. Sie sagten sich, die arische Rasse müsse ihre Reinheit und Qualität erhalten, nur so könne sich die Menschheit zu Höherem entwickeln und verkündeten es in alle Himmelsrichtungen. Sie waren felsenfest überzeugt, aus ihren Gesichtern spiegelt sich die Seele der höchsten Rasse, die Reinheit des Blutes, der besten Art und Hygiene. Sie wähnten sich als Gralshüter heiligen Mutterreichs, schielten neidvoll nach der wiedererblühten Heimat des Erlösers. Sie deformierten die Dornenkrone zum letzten Glied in der Kette, vervielfacht zu Käfigen aus Stacheldraht für das schädliche Aas, mit Tod geladen. Inbrünstig sangen sie Hohn- und Spottlieder, zwangen ihre Opfer zur Selbstentwürdigung. Gesungen werden mußte bei Strafarbeit und Pein, zur perniziösen Begrüßung, bei Ankunft neuer Häftlinge das Lied "Alle Vögel sind schon da". Verhöhnung und Schmähklang. Die Luft, die sie gleichgültig einatmeten, klebte bleischwer am Gaumen ihrer pechbeschwärzten Vision übelster Abscheulichkeiten irdischen Daseins. So Fürchterliches und Erschreckendes gaben sie Rang, Namen und Gestalt. Mordsüchtig geworden, die Gedanken länglicher Sterbeschatten schwammen unentwegt auf Kommando im Stosstrupp selektierend heran. Welle um Welle schwappte Grausames und Brutales ans Tageslicht, immer wieder neu konstruiert, höllische Abfassungen aus dem Meeresschlund ihrer kurzatmigen Nächte. Sie schlugen die Beute zu Wasser, in der Luft und an Land. Wildgeworden im Rausch, tobsüchtig und blutdurstig, wie besoffen-taumelnde Habichte, rutschten sie getrieben an erstarrten Wolkenreihen, an offen klaffenden Wunden, an leichenbleich entstellten Himmelsflanken entlang. Sie stecken alles in Brand, was sie nicht ertrugen. Sie quälten und massakrierten, vernichteten die Körper und Seelen ihrer Opfer, zielstrebig und pflichtbewusst, erfüllten Befehl und befolgten Gehorsam. Das was von ihnen gefordert wurde, verlangten sie selbstverständlich von Kamerad und Freund. Sie spuckten Gift, Gas und Galle und schreckten vor nichts und niemand zurück. Unerbittert im Tun ihres unersättlichen Hungers nach Macht und Sieg. Größer, höher, gewichtiger. Sie wussten, ist der Habicht hoch in der Luft, die Taube in Not, schweigen auch die Engel.

Jahrzehnte später..

Das Land der Täter befindet sich in der Schuldenkrise



© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 22.05.2017)

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Informationen zum Gedicht: Vernichter der Vernichteten

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22.05.2017
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