Verlorenheit

Ein Gedicht von Ingrid Baumgart-Fütterer
Er lebt seit Jahren im Hochhausblock
ganz allein im dreizehnten Stock,
da Tochter, Pfleger nach ihm schauen,
kann er auf Fürsorge vertrauen -
doch seine Beine tragen ihn kaum
er schleppt sich durch den kleinen Raum,
wo er seit dem Tod seiner Frau wohnt,
Aufstehen sich für ihn nicht lohnt,
denn das Gehen strengt ihn derart an,
dass er kaum noch Luft kriegen kann,
das Herz ihm bis zum Halse schlägt,
Knieschmerzen er fast nicht erträgt
und wenn er dann mal am Fenster steht,
aus Schornsteinen Rauch vorbei weht,
denn sein Blick auf eine Fabrik fällt,
die Seifenwaschmittel herstellt -
trist sind Umgebung und sein Zimmer,
sein Gemütszustand wird schlimmer,
demnächst zieht er um ins Pflegeheim,
dann wird er erst recht einsam sein,
deshalb wäre er lieber bald tot,
denn er sieht nur noch schwarz oder rot.

Informationen zum Gedicht: Verlorenheit

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19.06.2022
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Ingrid Baumgart-Fütterer) für private und kommerzielle Zwecke frei verwendet werden.
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