Schutzengel

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Schutzengel

Damals, als ich gerade Zwanzig war
Fuhr ich noch in türkisfarbenem Käfer
Zur Liebsten, fuhr noch mit schwarzem Haar
Und suchte das Stündchen – wie mancher Schäfer.

Der Tag war so schön, der Himmel ganz frei
Und stark bereits des Mannes Wille:
Damit man zusammen in Liebe selig sei
Verließ man sogar die eigene Stille...

So fuhr ich auf einer geraden Strecke
Und hinter mir ewig kein anderer Wagen.
Ohne Eile, ohne Signal und ohne Zwecke,
Fuhr ich langsam hinter schwerem Lastwagen.

Doch plötzlich, als ich schon geblinkt,
Brach ein plötzich nachfolgender Wagen aus,
Überholte und ich übersteuerte geschwind,
So hob es mich aus der Straße hinaus.

Um einen schweren Unfall zu vermeiden
Hatte ich mein Auto leider überlenkt.
So kam es zu meinem langen Rückenleiden,
Nur weil ein Fahrer nicht an den Nächsten denkt.

Denn im Acker überschlug ich mich zweimal,
Lag schmerzverzerrt auf meinem Kopf,
Litt unendliche Tode ganz ohne Zahl
Und blutete aus den Ohren und am Schopf.

Auf dem Feld kam ich dann endlich zum Steh'n,
Das Wrack kippte zurück auf die Räder.
Betäubt kroch ich heraus, konnte kaum noch steh'n,
Sah zum Verursacher als meinem Lebensverräter.

Dieser, ein Nachbar, kam als Urheber zu mir,
Entschuldigte sich immer wieder und weinte laut.
Er gab zu seine Täterschaft im Jetzt und Hier,
Dass er den Schaden verursacht und Mist gebaut.

Bis heute habe ich Wiederholungsschmerzen,
Denn das Rückgrat ward schwer gestaucht,
Schaden hatte ich auch am Kopf, am Herzen,
Habe lange Zeit für die Gesundung gebraucht.

Und ein schweres Trauma ist mir geblieben,
Weil ich immer wieder im Schlaf mich aufbeuge:
Das Bild vom Autowrack hat mich im Traum getrieben,
So werde ich nachträglich selbst mein Rettungszeuge.

Denn noch wenige Minuten vor diesem Unfall
Hat mir eine winzig-kleine Wolkenwand
Regentropfen auf mein Haupt wie durch Zufall
Geworfen, als wären die vom Himmel gesandt.

So habe ich das Schiebedach geschlossen,
Auch die Fenster und alle Seitenteile.
Nur so durfte ich bei nachfolgendem Unfall hoffen,
Dass mich der Tod nicht schon hier ereile.

Wäre das Schiebedach offen gewesen,
Hätte es mir meinen Kopf abgerissen.
Niemand könnte heute meine Gedichte lesen,
Mein junges Leben wäre zerschlissen!

Die Tropfen, die der Schutzengel gebracht
Spüre ich heute noch manchmal im Traum
Und weiß, dass mir bis heute der Engel lacht
Als einem Hans im Glück, dem er gibt Raum.


©Hans Hartmut Karg
2022

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Informationen zum Gedicht: Schutzengel

169 mal gelesen
24.04.2022
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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