Onkologie
Ein Gedicht von
Hans Witteborg
Onkologie
Das gallopierende Elend scheint in dem Raum gefangen.
Neben den Behandlungssesseln spreitzen Infusionsständer
ihre Rollen, fünffüßig
an ihren Stangenenden sind die Flaschen aufgehangen
aus denen stur, eintönig ,tropft was flüssig:
die Chemo, die an dünnen Schläuchen in die Körper tröpfchen-
weise rinnt
in Ports sowie am Zugang in den Armen,
derweil der eine oder andere Patient starr vor sich sinnt
und all die Tropfen zählt bis zum Erbarmen.
In jedem Stuhl erkennt man wie die Hoffnung kämpft
doch auch wie Angst auf längst verlore´nes Leben still sich
ausgebreitet
und so die Atmosphäre in dem Raume dämpft,
weil auch so mancher in dem Kopf sich auf das Schreckliche
schon vorbereitet.
Die Blicke einiger: starr zur Decke hin gerichtet.
Manch Auge aber bleibt geschlossen.
Man glaubt vielleicht, dass man die Krankheit so
nicht sichtet,
für alle gilt, die Stimmung bleibt verdrossen!
Da rafft sich jemand auf mit viel Humor,
erzählt der Krebsgesellschaft einen Witz.
Das kommt in diesem Raum bestimmt nicht häufig vor,
doch reisst es niemand aus dem Sitz.
Ein Mann bei einer Schlossbesichtigung fragt den Diener,
der die Gruppe führt:
„Gibt es Gespenster hier?“ Doch der sagt ungerührt:
„Ich bin seit 300 Jahren hier – nein, ein Gespenst
hab´ich noch niemals aufgespürt!“
Ich lache laut – kein anderer verzieht jedoch sein Gesicht.
Das Elend in dem Raum, es galoppiert noch immer,
da hilft kein Wort und der Humor auch nicht.
Vielleicht hat man den Witz beim Egotrip auch nicht
vestanden
– das macht die Sache dann noch schlimmer!
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