Niemand kann mehr die Augen verschließen (Die gestohlene Kindheit)
Ein Gedicht von
Marcel Strömer
Sie werden wohl schon längst
in Vergessenheit geraten sein
die seit Geburt
in Angst getauften Erdenkinder
Lebenslänglich blieben ihre zarten
Hände heimatlos und unberührt
Sie überlebten beinahe
das kaltherzige Echo geschwärzter Jahre
Sie kennen die Dunkelziffer
der kleingeredeten Alltagstode
schmerzforderndender Teufelskreise
vor denen sich Frohsinnssaugen
nur zu gern verschließen
Hinter vergitterten Türen gestaut
die gebläuten Nächte
ins fluchende Wörtereis umgelegt
die entehrten Blutwege
am Herz vorbeigeeilter Zucht
Erbarmungslos
das zu Ende Geführte
Was blieb
Wolkenberge und Trockenmeere
erfüllt von Tränen
Die verwunschenen Traumbilder
hatten sie liebesverrückt aber blindlings
in den Sehnsuchtslabyrinthen
zu Grabe getragen
Zertreten und verstreut liegen sie
zwischen Schutzpatron und Schneckenhäuser
im Steinbruch gesammelter Leere
Auf den Gedenktafeln steht:
"Beraubte Seelen
arm wie Flughunde
ihres Flügelschlags entrissen!
Nichts
aber auch gar nix
kann je diese Lücken füllen
Weder die Liebe der Göttinnen
keine Heilkraft der Welten
noch das Wort der gutgemeinten Vergebung
Aber wehe dem
der die Blumen der heiligen Kindheit
vom Grabe stiehlt
© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 03.08.2017)
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