Niemand hört mehr zu

Ein Gedicht von Hans Hartmut Dr. Karg
Niemand hört mehr zu

Voll Menschen ist das Zugabteil,
Sie daddeln, die da mit mir reisen
Und leben aus so viel Kurzweil,
Wobei manche noch trinken, speisen.

Es ist ganz still, man hört kein Wort,
Nur mehr die Bahngleislaute.
Ein jeder steckt in eigenem Hort
Kein Smartphone zeigt da Flaute.

Nehmen Menschen denn noch wahr,
Dass um sie Menschen leben,
Die reden wollen vielleicht gar,
In Diskussion begeben?

Bestürmt von tausend Werbespots,
Bemüllt von Filmen, Spielen
Sind wir Teil des Globalkomplotts
Mit Kunstwelt, Fremdgefühlen.

Die Zeit zerrinnt im Daddelkreis,
Man redet nicht mehr miteinander:
Geschlechtsneutral geht auf die Reis'
Das Hühnchen – und der Ganter!

So bleiben jene auf der Strecke,
Die so viel zu erzählen hätten,
Weil nur mit Sprache man entdeckt,
Was abseits von Spieltrieb und Wetten.

So aber rinnt die Zeit dahin,
Zappler müssen ihr Kästchen starten
Und dabei oftmals ohne Sinn
Nicht seh'n, dass Freunde auf sie warten,

Die zuhören und nicht zumüllen
Mit Anliegen und nicht mit Posten,
Um Redefreude zu erfüllen:
Wer hört mich an, will Sprache kosten?


©Hans Hartmut Karg
2019

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Informationen zum Gedicht: Niemand hört mehr zu

355 mal gelesen
09.01.2019
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Hans Hartmut Dr. Karg) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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