Mir geht es gut
Ein Gedicht von
Friedrich Graf
Mir geht es gut!
Du fragst so nett, wie es mir geht,
schaust sorgenvoll mich an,
so dass ich, etwas durchgedreht,
nichts anderes sagen kann,
als „danke, mir geht’s gut! - - -
Doch dann verliere ich den Mut - - -
und sag´ "mir geht es gar nicht gut",
(was der Wahrheit voll entspricht,
denn Lügereien mag ich nicht.)
Mich plagen schon seit vielen Wochen
im Hüftbereich die Beckenknochen.
Ich fühl mich ausgelaugt und schlapp,
der Harn fließt nur noch stockend ab,
ringsum von Leber, Milz und Herz
herrscht gebündelt Superschmerz.
Der Haarausfall ist nicht zu stoppen,
und die Wehwehchen nicht zu toppen.
Mein Portmonee ist leicht und blank,
doch voll ist der Tabletten-Schrank."
Mein Gegenüber unterbricht:
„Oh Gott oh Gott, das gibt es nicht,
das alles ist ja kaum zu fassen.
Ach hätte ich nur unterlassen
dich zu fragen wie`s dir geht
und wie es um dein Wohlsein steht.“
Ich würge ab das Mitleidsmatch
und sage leise grinsend „Ätsch,
ich war feig und ungezogen
und habe dich fies angelogen;
nun schäme ich mich bis aufs Blut,
in Wirklichkeit geht es mir gut.“
Die Märchenstunde ist zu Ende.
Zum Abschied schütteln wir die Hände
und sagen beide, weil der Mut weht:
„Ich freu mich so, dass es dir gut geht!“.
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(© Friedrich Graf)
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