Lothar hat Zahnweh
Ein Gedicht von
Ralph Bruse
Lothar quält der Backenzahn
und das jetzt schon seit Wochen.
So langsam treibt´s ihn in den Wahn,
das Ziehen und das Pochen.
Den Zahnarzt konnte er nie leiden.
Der ist ja auch brutal.
Lässt sich wohl trotzdem nicht vermeiden,
daß der da ran muß - wieder mal.
Na gut. Nur auf dem Weg dahin,
kriegt Lothar seltsam weiche Knie.
Mach voran!, kam ihm in den Sinn.
Und: Klappe auf. Zum Henker, zieh...!
So trabte er zur Folterstätte -
saß lange da, im Wartezimmer.
Neben ihm, die furchtbar Nette:
sie schwatzt von größerer OP;
von nigelnagel Neugebiss.
Alle Zahn-Ruinen raus - oh weh,
denkt Lothar und kriegt noch mehr Schiss.
Die Tür fliegt auf. Da steht der Henker
und grinst Lothar genüsslich an.
Nicht grad ein Bild von Blutdrucksenker...,
schwant es Lothar folglich dann.
Türe zu. Er ist gefangen
im Verlies der Barbarei -
starrt Tiegel, kleine, große Zangen
und Bohrer an, mit stummem Schrei.
> Adieu, du schöne, schnöde Welt, <
schnarrt Lothar schon mal vor sich hin.
Dann klappt sein Mund auf, wie bestellt
und der Doc fuhrwerkt darin.
> Aha! Da ist der Übeltäter!, <
freut sich der dicke Zahnmonteur.
> Den ziehn wir besser gleich, statt später!, <
bimmelt es Lothar im Gehör.
Im Mundgebälk ein kurzes Krachen.
Schon klirrt der Oschi in der Schale.
Ganz zaghaft: > Isser weg...? < Dann Lachen.
Und: > Nenn mir jeden Preis. Ich zahle! <
*
Der Doc roch schwer nach Schnapskantine:
das machte Lothar garnix aus.
Er herzte ihn mit froher Miene
und wackelte beglückt nach Haus.
(c) Ralph Bruse
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