Kennt ihr die alte Schachtel...

Ein Gedicht von Wolf-Rüdiger Guthmann
Von einer alten Schachtel stand geschrieben,
die sich lange in der Welt rum getrieben.
Ich habe diese Schachtel zwar gesehen,
doch auch ich ließ sie an der Ecke stehen.
Aber neulich in einer stürmischen Nacht
habe ich mich doch über sie hergemacht.

Ich löste alle Schnüre, Gummis, Bänder
und packte dann vorsichtig ihre Ränder.
Damals war sie noch ein stocksteifer Karton
und roch von weitem zart nach Himbeerbonbon.
Oft haben wir unter den Kumpels gestritten,
bei wem sie als Sozia mitgeritten.

Doch mit der Zeit und jeder Gelegenheit
wurde sie faltig, arg verbeult und so breit.
Mal operierte man etwas Haut von ihr,
dann beklebte man sie mit Pflasterpapier.
Einer sie mit Sonnencreme beschmierte,
der andere ihr ein Herz tätowierte.

Unbefleckt war alles von ihr begeistert
und sie wurde von Liebhabern bekleistert.
Nur für Asylanten war sie zu enge,
die zogen und bogen sie in die Länge.
Nach Jahren war sie schon so sehr ausgefranst,
hat für Beamte aus der Reihe getanzt.

Wollte sie einer heben, statt zu schleifen,
musste er ihr unten ins feuchte greifen.
Sie hat sehr oft in der Natur gelegen
und dort gezeigt, was sie konnte bewegen.
Und sehr häufig kam sie natürlich auch vor
bei der Kaserne hinter dem großen Tor.

Früher hatte und wollte sie jeder gern,
jetzt ist sie alt und man sieht sie nur von fern.
Wird sie auch hässlich und noch immer älter,
sie ist ein „Er“, nennt sich Postmietbehälter.


14.02.2014 © Wolf-Rüdiger Guthmann

Informationen zum Gedicht: Kennt ihr die alte Schachtel...

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14.02.2014
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