Jüngstes Gericht

Ein Gedicht von Tilly Boesche-Zacharow
Mancher hat in Lebenstagen
großes Ausmaß Last getragen.
Herz und Schulter schwer besetzt,
was ihn täglich neu entsetzt.
Endlich kam des Menschen Ende,
und er glaubt, dies wär die Wende.
Hier im Saal zur letzten Währung
erhofft er sich nun endlich Klärung
durch den allerhöchsten Richter
Er sagt kläglich: Ich als Dichter- - -!"
Das genügt und ´s Waagenzünglein zeigt,
dass es noch mehr zum Leichten steigt.
Und der Richter sagt verdrossen:
„Sitzung ist hiermit geschlossen!
Dieses Ich bleibt immer Ich
Nie erdacht es sich ein Dich.
Nur eigne Fehler so sehr drücken.
dass drob wund der ganze Rücken.
Doch ihm sind niemals klar geworden,
eigne Sünden, eignes Morden.
Der Stab hier wird nunmehr gebrochen
Und sein Urteil wird gesprochen,
mit seiner eignen Worte Saat,
wie er selbst geurteilt hat,
wenn jemand ihn in seiner Not
gebeten um ein Stücklein Brot:

“Appellier bloß nicht an meine Huld.
An deiner Armut trägst du selbst die Schuld!
Ich urteil´ hier an dieser Stelle:
Du schufst dir selbst den Weg zur Hölle!“

(2015)

Informationen zum Gedicht: Jüngstes Gericht

568 mal gelesen
(3 Personen haben das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 4,8 von 5 Sternen)
1
16.03.2015
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige