Heldengold

Ein Gedicht von Christian Penz
In einem Reich vergangener Zeit
lebte einst eine junge Frau
Ihr Lächeln obsiegte jeder Bosheit
und entfernte auch das Himmelsgrau

Ein Recke betrat das Königsschloss
er war von recht niederem Stand
Weshalb er anno dazumal beschloss
Er reiche jedem seine helfende Hand

So befreite er das gemeine Bauernvolk
von Banditen, die hat er einfach fortgetrollt
und als Lohn für diesen edlen Erfolg
erhielt der Recke ein wenig Gold

Aber für die Münzen, die im Beutel waren
hat der Recke keinen freien Blick
denn in seinen fünfundzwanzig Jahren
sah er keine schönere Menschenästhetik

Es war die Prinzessin an des Königs Seit
die ihm seine Aufmerksamkeit raubte
Wie eine Sonne lächelte die holde Maid
worauf sein einsames Herz sich entstaubte

Ihr blondes Haar schimmerte gleich einem Sonnenstrahl
ihre jugendliche Haut war ohne jeglichen Makel
Ihre blauen Augen erlösten einen aus jeglicher Qual
Sie war ein leibhaftig gewordenes Mirakel

Als das Königspaar und die Schönheit sich erhoben
und sich bereit machten zu gehen
fiel der Recke in ein Loch ohne jeglichen Boden
weil er fürchtete, sie nie wieder zu sehen

Er durfte nichts zur Königsfamilie sagen
So war das königliche Gesetz
also ging er mit seinen Herzensplagen
zum Tor. Dort hörte er Geschwätz

Die Torwächter sprachen von einem Ball
der zur Abendstunde beginnen sollte
Der Recke hatte sogleich einen Einfall
worauf er zu einem Schneider hinwollte

Die Kleider, die man ihm darbot
waren teuer, weil sie aus Seide waren
von grün, blau, weiß und gar rot
waren die festlichen Kleiderwaren

Aber mit edler und teurer Kleidung allein
war er für den Abendball noch nicht bereit
Beim Bader hüpfte er in den Zuber rein
und rasierte und wusch sich zu Reinlichkeit

Der Mond erhellte das Nachtfirmament
Der Recke war nun ein stattlicher Mann
Er trat - unter dem Arm ein Schmuckpräsent
an die Palastwachen höfisch schreitend heran

Der Ballsaal war geschmückt mit edlem Tand
Das Essen reichte über mehrere Tafeln hinweg
Solche Feste kannte der Recke nicht vom Land
und hatte anfänglich einen großen Schreck

Doch der Schreck verging wie im Flug
als das Königspaar samt Prinzessin erschien
Das Diadem, das sie auf dem Kopfe trug
zog ihn wie mit einem Rettungsseil zu ihr hin

Der König begrüßte die Gästeschar
mit freundlichem Stimmenklang
Die Gäste waren dem König dankbar
Sie applaudierten ihm minutenlang

Der Applaus galt auch dem eröffneten Buffet
wohin sich die Gäste gleich hinbewegten
Nur einer hatte eine andere brillante Idee
Er ging dorthin, wo sich seine Gefühle erregten

Verbeugend trat er zur Prinzessin hin
die erlaubte es ihm sie anzusprechen
erkannte sie, doch sogleich als Recke ihn
der Mann, der bezwang, das Verbrechen

Die Worte, die der Recke wählte
waren von höfischer Eleganz
Obwohl er stotternd sich quälte
Beim verbalen Wörtertanz

Der Recke fühlte sich bei jeden Satz
der aus seinem Mund tropfte
Als wäre er hier am Hof fehl am Platz
Woraufhin sein Herz heftiger klopfte

Voller Scham wollte der Recke schon gehen
doch die Prinzessin wollte dies nicht
und gab dies dem Recke auch zu verstehen
und sprach zu ihm unter dem Mondlicht

"Bitte geht nicht, sondern bleibt hier.
Ihr seid nett, klug und auch amüsant."
Die Augen strahlten gleich einem Saphir
danach zog sie ihn bei der Hand

Die Musikanten begannen nun zu spielen
Auf Flöten, Lauten und auch auf den Schellen
und es tanzten alle nicht nur die Grazilen
zu den langsamen Liedern wie auch den Schnellen


Der Recke fühlte sich dem siebten Himmel erreicht
als sie über den Parkettboden tanzten
Noch niemals waren seine Beine so leicht
sonst tanzten sie wie verwurzelte Pflanzen

Es lag nur an der bezaubernden Augenweide
deren Hand er fest in der seinen hielt
Die sich anfühlte als wär' sie aus Seide
weshalb er tanzte so gut, auf den Rhythmus gezielt

Es gab nichts außer sie, ihm und die Musik
Er wünschte sich, dass der Abend nie enden solle
In dem Recken herrschte ein innerlicher Krieg
doch behielt er äußerlich noch die Kontrolle

Doch der Ball ging langsam zu ende
Die Gäste verließen Schloss und Hof
Im Recken herrschten große Einwände
sehnte er sich doch zurück zum Schwof

Der Recke konnte nicht sofort zurück ins Bett
Die Gefühle hielten ihn zu sehr wach
So klopfte er in einer Bar auf das Tresenbrett
und grübelte bei 'nem Bier über alles nach

Die Prinzessin war die ganze Nacht bei ihm
also musste sie etwas für ihm empfinden
Also wäre es doch nur ganz und gar legitim
Würden sie ihr Leben doch zusammen binden

Doch der Recke hatte keinen Hohen Stand
also würde es der König ihm das nie erlauben
bat er diesen um seiner einziger Tochter Hand
so zerschlug es ihm seinen letzten Glauben

Ein Mann in der Bar hörte des Recken Leid
und setzte sich gleich an dessen Seite hin
denn er kannte eine Lösung aus Verzwicktheit
bezüglich der Hand der edlen Prinzessin

Der Mann war als Händler schon weit gereist
so hörte er einst von einem großen Schatz
doch ist dieser Schatz nicht ganz verwaist
Ein Drachenhorst fand dort auch 'nen Platz

Doch war der Schatz wahrlich Ohnezahl,
weshalb es sich auch sehr lohnen würde
nimmt man sich ein Schwert aus edlem Stahl
um zu bewältigen, die drakonische Hürde

Mit dem Schatz als Eure Mitgift
Könnte der König es nicht mehr verbieten
Und setzte seine Königsunterschrift
Als Zustimmung zu allen bekannten Hochzeitsriten


Mit neuer Hoffnung ging der Recke ins Bett
Am nächsten Morgen war er schon beim Schmied
Der Recke bat höflich und vorbildlich nett
Um ein Schwert, damit ein Drachen von Erden schied

Am Ende hatte der Recke keine Münzen mehr
Die er am Tag davor bekommen hatte
Der Schneider und Bader machten den Beutel leer
Auch der Preis des Präsents war satte

Neu gerüstet zog der Recke los
Sein Weg führte ihn zum Schatze hin
Bereit für des Drachen Todesstoß
Und vergas den Abschied von der Prinzessin

Um auf den Weg nicht ganz zu verarmen
Denn die Reise war lang und schwer
Half er den Bauern auf deren Farmen
Unterstützte auch manches Milizenheer

Schnell war der helfende Recke bekannt
Der suchend durch die Ländereien zog
Und man bat ihn oft um die helfende Hand
Als Lohn gab es Gold und manchen Dialog

Anfänglich erfuhr der Recke nicht viel
Aber als er zwei Jungfern vorm Bösen befreite
Erfuhr er dann mehr von seinem Ziel
Als er bei deren Vater über die Nacht verweilte

Der Vater wollte die Ältere ihm als Lohn darbieten
Denn der Recke war schon ein guter Fang
Aber er wollte sie nicht mal für `ne Nacht mieten
Denn er hatte nur einen sehnlicheren Drang

So erzählte der Vater mit schwerem Herz
Vom Schatz dem legendären Heldengold
Und dem großen tragischen Schmerz
Das unvermeidlich damit herein rollt

Jahrein, jahraus zahlten die Völker Steuer
Damit der Drache die Dörfer nicht niederbrannte
Doch langsam wurde es ihnen zu teuer
Wodurch der Herzog einen Held entsandte

Er sollte mit dem Gold den Berg hochfahren
Und dann mit List den Drachen erschlagen
Doch wie auch in den kommenden Jahren
Lebt der Mann nur mehr in Heldensagen

Aus diesem Grund allein
Spricht der eine oder andere unverhold
Wie kann es anders sein
Schon langsam von einem Narrengold


Denn nur Narren sind so dumm
Sich alleine einem Drachen zu stellen
Die meisten drehen doch lieber um
Und kuscheln dann in warmen Fellen

Warum schickte niemand ein Heer
Wollte der Recke noch zum Schluss wissen
Die hätten es einfach viel zu schwer
Der Pfad ist zu eng und ganz verschlissen

Der Recke ließ sich nicht abbringen
und ging dann zu des Herzogs stattlichem Haus
Der Recke musste nicht lange ringen
Und er ging mit der Steuer aus dem Dorf hinaus

Was dann beim Drachenhorst geschah
dass weiß leider niemand ganz korrekt
denn es gab niemand, der den Sieg sah
denn das Volk hatte sich lieber versteckt

Für diese Geschichte ist es auch nicht wichtig
wie der Recke den Sieg davon trug
Aber eines das war in der Geschichte richtig
dass der Held den Drachen erschlug

Denn mit Drachenkopf und dem ganzen Gold
kehrte der Held in das Dorf zurück
Den Schatz im Horst erhielt er als Sold
und man ehrte den Recken als Prachtstück

Die Frauen im Dorf wollten ihn als Ehegatten
und die Männer ihn zum Bleiben anfleh'n
doch zog es den Recken wieder vonstatten
denn er wollte wieder sein Prinzessin seh'n

Wieder zog der Recke ein Jahr durch das Land
warum ich die Zeit nicht beim ersten Mal erzählte?
Weil ich es - wie der Recke - nicht wichtig fand
Jedoch erreichte er bald seine zukünftige Vermählte

Der Recke trat zum König in das Schloss
dieser gewährte ihm vorher die Audienz
Der Recke fühlte, als tritt ihm ein Ross
als dieser sah seine Liebeskonkurrenz

In den zwei Jahren hatte sich die Prinzessin vermählt
wäre das nicht schon schlimm genug
wurde der Händler als Gatte vom König auserwählt
denn der Händler war auch sehr klug

Der Händler hatte den Recke fortgeschickt
damit sein Nebenbuhler nicht mehr wäre
und es gäbe, dann dadurch keinen Konflikt
Dieser Trick biss an des Recken edler Ehre


Weil die Prinzessin nicht wusste, wo der Recke war
so willigte auch sie in die Ehe mit dem Händler ein
denn eines war auch der Prinzessin sonnenklar
denn nur bei einem Ja konnte sie reich sein

Im Recken erwachte die Zornesglut
in seinem Blick gab es nur noch rot
Er war getrieben von seiner Wut
und er schlug den Händler gleich tot

Der König war nicht sehr amüsiert
über die Tat des Recken
und befahl, dass man ihn skalpiert
und man lies in verrecken

So verlor der Recke sein Hab und Gut
sein Leben, seinen Schatz und sein Ruhm im Königsland
wegen eines Moments blinder Wut
Deshalb wird das Heldengold oft Narrengold genannt

Informationen zum Gedicht: Heldengold

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24.10.2018
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