Heiligabend
Ein Gedicht von
Micha Schneider
Im ganzen Haus die Stimmung gärt,
wenn die Mama vom Küchenherd
in die gute Stube rennt,
weil die Jüngste wieder flennt.
Und Papa vergißt beim Saufen,
das Benötigte zu kaufen.
Doch plötzlich Omas Kreislauf flattert,
worauf der Opa schaut verdattert.
Die Schwägerin, die allzu schräge,
spielt – wie immer – Nervensäge.
Im Topf brennt an die gute Soße
und Opa macht grad in die Hose.
Weshalb die Oma kollabiert,
was ihren Enkel amüsiert.
Ganz entgegen Omas Willen
kommt der Notarzt, gibt ihr Pillen.
Die Große wird zudem hysterisch,
weil am Telefon der Erich
eingesteht, daß nur ein Mann
ihn so richtig lieben kann.
Zudem – als wär’s sein Privileg –
klaut der Hund vom Tisch ein Steak.
Man den Tannenbaum garniert,
derweil draußen es gefriert.
Als der Vater torkelt rein,
fängt die Mutter an zu schrei’n.
Schimpft ihn aus und fragt ihn, wo
denn nun sei das Krippenstroh.
Das er sollte rasch besorgen,
dies bereits am frühen Morgen.
Seinen Kopf, da er betrunken,
will sie in die Spüle tunken.
Die Katze auf dem Küchentisch
labt sich mal kurz am Festtagsfisch.
Der Opa steht halbnackt in Socken –
die Hose ist noch nicht ganz trocken.
Doch Oma spült – nun wieder munter –
mit kühlem Sekt die Pillen runter.
Papa mimt jetzt den Bariton,
torkelt nicht mehr, sitzt nun schon.
Die Bescherung – fast vergessen –
kommt stets vor dem Festtagsessen.
Hungrig dann zum Tische trabend,
feiern alle Heiligabend.
© Micha Schneider
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